Politik

Proteste im Libanon gehen weiter Premier Hariri will Ministerzulagen halbieren

Kündigt überfällige Reformen an: Libanons Premier Hariri bei seiner Fernsehansprache.

Kündigt überfällige Reformen an: Libanons Premier Hariri bei seiner Fernsehansprache.

(Foto: picture alliance/dpa)

Als die Proteste im Libanon beginnen, lässt Machthaber Hariri zunächst die Polizei losknüppeln. Tage später verspricht er Reformen, Neuwahlen und halbierte Ministergehälter. Die Demonstranten glauben ihm nicht mehr. Sie wollen, dass die korrupte Elite abtritt.

Nach den Massenprotesten gegen Misswirtschaft und Korruption will die Regierung des Libanons die Lage mit einer Reihe von Maßnahmen beruhigen. Das Kabinett stimmte einem Plan zu, den Ministerpräsident Saad Hariri vorgelegt hatte. Die Demonstrationen hätten dafür gesorgt, dass die Reformen gebilligt worden sei, sagte Hariri nach der Kabinettssitzung. Ihm zufolge sollen unter anderem die Gehälter von Ministern sowie Parlamentsabgeordneten um die Hälfte gekürzt werden. Regierungseinrichtungen sollen geschlossen oder zusammengelegt werden. Neue Steuern würden im kommenden Jahr nicht erhoben werden, versprach der Ministerpräsident weiter.

Die Maßnahmen seien nicht dazu gedacht, die Demonstranten davon abzuhalten, ihren Unmut zu äußern. "Ich werde nicht zulassen, dass irgendjemand euch bedroht oder ängstigt", sagte der Regierungschef an die Adresse der Protestierenden gerichtet. Die Regierung müsse wieder das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen. Wenn die Demonstranten aber eine vorgezogene Parlamentswahl wünschten, dann werde er sie auch darin unterstützen. Die Proteste hätten die nationale Identität wiederhergestellt.

Demonstranten in der Hauptstadt Beirut zeigten sich nach Hariris Ankündigungen unzufrieden und forderten den Rücktritt der Regierung. Sie riefen unter anderem "Revolution, Revolution". Die Erklärung des Premiers sei enttäuschend, sagte ein Student. Andere erklärten, sie hätten kein Vertrauen in die Regierung. "Sie versuchen, uns ein Schmerzmittel zu geben", sagte ein Demonstrant. "Lügen, Lügen, Lügen", sagte ein weiterer Demonstrant. Nichts werde passieren. "Sie regieren doch schon so lange. Wenn sie gewollt hätten, dann hätten sie längst alles tun können." Wegen der Proteste waren viele Geschäfte und Banken in Beirut geschlossen.

Auslöser Whatsapp-Steuer

Die seit fünf Tagen anhaltenden Proteste richten sich gegen die verkrustete politische Führung des Landes, gegen die verbreitete Korruption sowie die unablässigen Ausfälle bei der Strom- und Wasserversorgung. Die Proteste waren durch ein Vorhaben der Regierung ausgelöst worden, eine neue Steuer auf Anrufe zu erheben, die über Onlinedienste wie Whatsapp getätigt werden. Hunderttausende Menschen gingen auf die Straße und forderten den Sturz der Regierung. Die Regierung zog den Plan zwar schnell wieder zurück, doch die Proteste hielten an. Demonstranten blockierten Straßen und zündeten Barrikaden an. Menschenrechtler kritisierten, Sicherheitskräfte seien mit übermäßiger Gewalt vorgegangen.

Das kleine Land am Mittelmeer mit rund sechs Millionen Einwohnern kämpft mit einer Wirtschafts- und Finanzkrise und leidet unter dem Krieg im benachbarten Syrien. Die Staatsverschuldung liegt bei 86 Milliarden US-Dollar, umgerechnet gut 77 Milliarden Euro, was einer Quote von etwa 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Es ist eine der höchsten Schuldenquoten weltweit. Kritiker werfen der Regierung vor, Reformen über Jahre verschleppt zu haben.

Quelle: ntv.de, mau/dpa/AFP/rts

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