Elnaz Rekabi musste Pass abgebenProtestierende Kletterin ist nicht erreichbar

Durch ihren Verzicht auf die für iranische Sportlerinnen obligatorische Kopfbedeckung bei den Asienspielen protestiert die Kletterin Elnaz Rekabi gegen die eigene Regierung. Für ihre Haltung muss Rekabi nun offenbar Repressalien fürchten: Nach Informationen der BBC musste sie bereits Pass und Handy abgeben.
Als "Revolution im iranischen Profisport" bezeichnete die Journalistin Natalie Amiri den Mut von Elnaz Rekabi, im Finale der Asienmeisterschaft im Klettern die für iranische Sportlerinnen obligatorische Kopfbedeckung abzunehmen. Es war nicht nur ein Affront, die ehemalige Leiterin des ARD-Studios in der iranischen Hauptstadt Teheran hatte die Frage aufgeworfen, ob Rekabi nach ihrem Protest überhaupt in ihr Land zurückkehren könne.
Nun scheinen sich Amiris Befürchtungen, dieser Akt im südkoreanischen Seoul könne Folgen für die Landesmeisterin haben, zu bewahrheiten. "Kein Kontakt zu Elnaz Rekabi", twittert sie mit Verweis auf eine BBC-Meldung: "Angehörige erreichen sie nicht." In der persisch-sprachigen Originalmeldung heißt es weiter, ein Versuch der Kontaktaufnahme über das Hotel der Mannschaft sei erfolglos geblieben. Von dort sei nur die Auskunft erteilt worden, "dass die Teammitglieder das Hotel am Montagmorgen" verlassen hätten, die Mannschaft wird am Mittwoch im Iran zurückerwartet. Die regierungsnahe Zeitung "Hamshahri" hatte in einer ersten Reaktion geschrieben: "Bleibt abzuwarten, wie das Sportministerium auf diese Aktion reagieren wird".
Seit der islamischen Revolution von 1979 müssen die iranischen Frauen in der Öffentlichkeit ein Kopftuch und lange Jacken tragen, um so Haare und Körperkonturen zu verbergen. Dieses Gesetz gilt auch für alle Sportlerinnen des islamischen Landes, insbesondere bei Wettbewerben im Ausland. Demnach hat Rekabi eindeutig gegen das Kopftuchgesetz verstoßen.
"Nicht einfach ein Sport für mich"
Laut Beobachtern war ihre Aktion in Seoul im Zusammenhang mit den anhaltenden Frauenprotesten gegen den Kopftuchzwang im Iran zu sehen, als ein Signal für ihre Solidarität mit der Frauenbewegung. Auslöser der seit Wochen andauernden Proteste, gegen die Regierung und die iranische Sittenpolizei gewaltsam vorgehen, war der immer noch unaufgeklärte Tod der 22-jährigen Mahsa Amini im Polizeigewahrsam. Die junge Frau war im vergangenen Monat von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil ihr Kopftuch leicht verrutscht war und ein paar Haarsträhnen zu sehen waren. Der "Süddeutschen Zeitung" hatte Rekabi 2015 mal gesagt, sie "liebe Klettern viel zu sehr, es hat mir Selbstbewusstsein gegeben. Das ist nicht einfach nur ein Sport für mich."
Die EU hatte am Montag Sanktionen gegen die iranische Sittenpolizei und mehr als ein Dutzend weitere Personen und Organisationen verhängt. "Wir benennen definiert diejenigen, die dafür verantwortlich sind, dass Menschen, dass insbesondere Frauen, die nichts getan haben, als für ihre Rechte zu streiten, dass die umgekommen sind", sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Rande von EU-Beratungen in Luxemburg. Nach Angaben der in Norwegen ansässigen Gruppe Iran Human Rights wurden bei der Reaktion des Staates auf die Amini-Proteste mindestens 122 Menschen getötet.