Politik

UN: Schon 2600 Tote in Ostukraine Putin lobt Erfolg der "Milizen Neurusslands"

Russlands Präsident Putin hat die Separatisten aufgefordert, einen Fluchtkorridor für die ukrainische Armee freizumachen.

Russlands Präsident Putin hat die Separatisten aufgefordert, einen Fluchtkorridor für die ukrainische Armee freizumachen.

(Foto: REUTERS)

Zum ersten Mal adressiert Putin die Separatisten in der Ostukraine persönlich und erteilt ihnen Anweisungen. Eine Mitteilung des Kreml hebt den Erfolg der "Milizen Neurusslands" im Donezkbecken hervor und fordert gleichzeitig die Schonung der ukrainischen Truppen.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Aktionen der ostukrainischen Separatisten als "großen Erfolg" bezeichnet. In einer Mitteilung des Kreml heißt es, die Militäroperationen der Ukraine seien dagegen eine große Gefahr für die Bevölkerung in der Region Donezk. Die Mitteilung richtet sich wörtlich an die Kämpfer von "Neurussland" - ein Begriff, den die moskautreuen Separatisten als Zeichen ihrer angestrebten Abspaltung von der Ukraine verwenden.

Zu Vorwürfen der Nato, wonach inzwischen "deutlich mehr als 1000 russische Soldaten" mit schweren Waffen innerhalb der Ukraine operieren sollen, sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow: "Wir hören solche Spekulationen nicht zum ersten Mal, aber die USA haben sie nie mit Fakten belegt", sagte Außenminister Sergej Lawrow der Agentur Interfax zufolge. Die Satellitenbilder mit angeblichen russischen Truppenbewegungen seien als Beweise ungeeignet. "Das sind nur Computerspiele", meinte Lawrow. Die Nato hatte am Donnerstag in Mons Satellitenbilder veröffentlicht, die ihre Einschätzung belegen sollen.

Putins Umfeld betonte, dass Russland nur auf einen Teil der Separatisten Einfluss habe.Eingekesselte ukrainische Einheiten sollten aber entlassen werden, forderte Putin. Er appellierte an die Separatisten, den Soldaten über einen Fluchtkorridor das Verlassen der Kampfzone zu ermöglichen. Es wird betont, die Soldaten der Kiewer Regierung seien nicht an den Kämpfen des Vortags beteiligt gewesen und nur in diese Lage gekommen, weil sie Befehle befolgt hätten.

Eine Aufforderung an die Aufständischen, das Feuer einzustellen, enthält die Mitteilung nicht. Separatistenführer Alexander Sachartschenko begrüßte den Appell. Die "Volkswehr" sei bereit, Regierungseinheiten abziehen zu lassen - aber ohne Waffen und Munition, sagte er dem russischen Staatsfernsehen.

Die ukrainische Führung forderte Putin erneut zu einer Waffenruhe auf. Die Regierung in Kiew sollte sich sofort mit den Aufständischen im Osten "an einen Tisch setzen und alle Probleme auf friedlichem Weg lösen", ließ der Kremlchef über eine Mitteilung verlauten.

Schon 2600 Tote in der Ostukraine

Angesichts des mutmaßlichen Eindringens russischer Soldaten in die Ukraine verschärfen auch deutsche Politiker den Ton gegenüber Moskau. "Russland ist in die Ukraine einmarschiert", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen in der ARD. Es gebe keinen Zweifel mehr daran, dass russische Soldaten "in erheblichem Umfang" auf ukrainisches Gebiet vorgestoßen seien, sagte der CDU-Politiker.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz warnte, die Lage drohe außer Kontrolle zu geraten. "Wenn es zu einer direkten militärischen Konfrontation zwischen der Ukraine und Russland kommen sollte, droht eine unkontrollierbare Eskalation", sagte Schulz der "Passauer Neuen Presse". Der Sozialdemokrat wertete die Berichte über die russischen Vorstöße auf ukrainisches Gebiet als "zutiefst beunruhigend".

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind in dem Konflikt seit Beginn der Kämpfe im April schon fast 2600 Menschen getötet worden. Bis zum 27. August seien 2593 Todesopfer erfasst worden, heißt es in einem Bericht der Uno. Täglich kämen etwa 36 Menschen ums Leben, erklärte UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay. In einem zeitgleich vorgestellten Bericht werfen die UN vor allem den bewaffneten Milizen in der Ostukraine schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Deren Mitglieder hätten in den Regionen Donezk und Lugansk wiederholt Bewohner an der Flucht gehindert und auf fliehende Zivilisten geschossen.

Merkel: Territoriale Integrität der Ukraine ausgehöhlt

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sprach unterdessen bei einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Lage in der Ex-Sowjetrepublik. Der prowestliche Staatschef habe dabei bekräftigt, an diesem Samstag zu Gesprächen mit der EU nach Brüssel reisen zu wollen, hieß es in Kiew.

Merkel sprach auch mit US-Präsident Obama über die jüngsten Vorfälle in der Ostukraine. Die Bundesregierung teilte dazu mit, durch die jüngsten Vorfälle werde "die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine weiter ausgehöhlt". Merkel und Obama seien sich einig gewesen, "dass ein solches Verhalten nicht folgenlos bleiben dürfe". Die Kanzlerin hatte zuvor bereits Beratungen über weitere Sanktionen gegen Russland beim EU-Gipfel am Wochenende angekündigt. Die Europäische Union habe immer erklärt, dass "bei weiteren Eskalationen auch über weitere Sanktionen gesprochen werden muss", sagte sie in Berlin.

Nach Ansicht der Nato kämpfen mehr als tausend russische Soldaten an der Seite der Separatisten. Satellitenbilder zeigten, "dass russische Kampftruppen, ausgerüstet mit hoch entwickelten schweren Waffen, innerhalb des souveränen Territoriums der Ukraine aktiv sind".

Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, fürchtet seinerseits eine weitere Invasion russischer Truppen. "Die zuletzt in der Gegend von Mariupol beobachteten Bewegungen lassen die Deutung zu, dass Moskau einen Korridor zur Krim plant", sagte der SPD-Politiker der "Bild"-Zeitung. Zumindest könne eine solche Absicht nicht ausgeschlossen werden.

Quelle: ntv.de, nsc/dpa/AFP

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