Demonstrationen verboten Putschversuch im Niger schlägt Wellen in der Region
27.07.2023, 23:43 Uhr Artikel anhören
Das nigrische Innenministerium untersagte nach dem Putschversuch mit sofortiger Wirkung alle Demonstrationen.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Der Putschversuch in Niger löst international und in den westafrikanischen Nachbarländern Besorgnis aus. Baerbock sagt volle Unterstützung für die demokratische Entwicklung zu. Strack-Zimmermann zeigt sich besorgt über die Folgen für die Bundeswehrsoldaten in Mali.
Die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas hat die von Militärs verkündete Machtübernahme im Niger "auf das Schärfste" zurückgewiesen. Präsident Mohamed Bazoum sei "weiterhin der von der Ecowas anerkannte legitime und rechtmäßige Präsident Nigers", teilte die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft mit. Sie verurteilte "den Putsch, der in völliger Verletzung der demokratischen Grundsätze steht, auf denen die Verwaltung der politischen Macht in der Ecowas-Region beruht". Der Bund koordiniert die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit von 15 Mitgliedsstaaten in Westafrika.
Auch Außenministerin Annalena Baerbock zeigte sich besorgt. Sie telefonierte mit ihrem Amtskollegen Hassoumi Massoudou und dabei die "volle Unterstützung" Deutschlands für die demokratische Entwicklung in dem westafrikanischen Land deutlich gemacht. Dazu gehöre auch die umgehende Freilassung von Präsident Mohamed Bazoum, sagte die Grünen-Politikerin laut einer Mitteilung des Auswärtigen Amts.
Baerbock betonte, trotz schwieriger Umstände habe sich die Regierung unter Bazoum bemüht, "sich als verlässlicher Partner zu positionieren, Armut zu bekämpfen, das Leben seiner Bevölkerung nachhaltig zu verbessern und so dem Terrorismus den Nährboden zu entziehen". Zuvor hatte sie sich bereits auf Twitter geäußert. "Dass sich in Niger jetzt Militärs an die Macht putschen wollen, ist ein Schlag ins Gesicht der vielen Nigrerinnen und Nigrer, die in den letzten Jahren so viel dafür gegeben haben, dass ihr Land eine bessere Zukunft hat", betonte die Grünen-Politikerin.
Strack-Zimmermann zeigt sich besorgt
Scharfe Kritik am Vorgehen der Putschisten war zuvor auch bereits aus Washington, von der EU aus Brüssel und von der Afrikanischen Union gekommen. Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zeigte sich besorgt über mögliche Folgen für den Abzug der Bundeswehr aus Mali. "Die Lage in Niger ist sehr unübersichtlich", sagte die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses den Funke-Zeitungen. "Entscheidend für uns ist, dass der Abzug unserer Soldatinnen und Soldaten aus Mali, sofern über den Flughafen in Niger erforderlich, weiterhin geordnet stattfindet."
Das nigrische Innenministerium untersagte nach dem Putschversuch mit sofortiger Wirkung alle Demonstrationen. "Öffentliche Demonstrationen, egal aus welchem Grund, sind und bleiben bis auf Weiteres verboten", teilte die Behörde mit. Die Maßnahme diene dem Schutz der Bürger in dem Land mit rund 26 Millionen Einwohnern, hieß es.
Bazoum wird im Palast festgesetzt
Offiziere der Präsidentengarde hatten den 2021 gewählten Bazoum am Mittwoch in seinem Palast festgesetzt. Am Abend verkündeten zehn Militärs, darunter Offiziere der Luftwaffe, des Heeres, der Präsidentengarde und der Spezialkräfte, im Fernsehen die Machtübernahme eines sogenannten Nationalen Rats für die Rettung des Vaterlands (CNSP).
Die Streitkräfte Nigers stellten sich in einer Mitteilung am Donnerstag auf die Seite der Putschisten. Nigrische Medien veröffentlichten eine Mitteilung, derzufolge sich auch Oppositionsparteien hinter die Putschisten stellen. Unklar blieb zunächst, welche und wie viele Parteien dahinter standen. "Die ehemalige politische Opposition Nigers, die sich nun in der Union der nigrischen Patrioten - UPN - zusammengeschlossen hat, missbilligt zwar jeglichen verfassungswidrigen Machterhalt oder gewaltsamen Machtwechsel, unterstützt aber die Beweggründe des CNSP ... nämlich die ständige Verschlechterung der Sicherheitslage in unserem Land und die schlechte wirtschaftliche und soziale Regierungsführung", hieß es in dem Schreiben vom Donnerstag.
"Die UPN verpflichtet sich, den CNSP bei seiner Mission zu begleiten, solange es um die Wiederherstellung der nationalen Souveränität, der Würde des nigrischen Volkes, der Rechtsstaatlichkeit, der guten Regierungsführung, der Korruptionsbekämpfung, der Sicherheit von Personen und Gütern, der Gerechtigkeit, der Chancengleichheit für alle und um eine möglichst baldige Rückkehr zur normalen Verfassungsordnung geht", hieß es. Die Verfasser riefen für Freitag zu Demonstrationen auf. Am Donnerstag hatten Unterstützer des Putsches bei Protesten unter anderem den Sitz der Präsidentenpartei in Niamey angegriffen.
Quelle: ntv.de, cls/dpa/AFP