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Nahostkrieg bei Maischberger Roth: Israel sollte Iran über Strategie im Unklaren lassen

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Der Westen muss seine moderate Iranpolitik aufgeben, sagte SPD-Außenpolitiker Michael Roth.

Der Westen muss seine moderate Iranpolitik aufgeben, sagte SPD-Außenpolitiker Michael Roth.

(Foto: WDR/Oliver Ziebe)

Nach dem iranischen Luftangriff auf Israel könnte die Lage im Nahen Osten eskalieren. Wie wird sich Israel jetzt verhalten? Und was hätte Europa jetzt zu tun? Darüber diskutieren in der ARD-Talkshow Maischberger ein Politiker und eine Nahostexpertin.

Immer noch ist unklar, wie sich Israel nach dem iranischen Luftangriff in der Nacht zum Sonntag verhalten wird. In Jerusalem ist das Kriegskabinett am Montag zu einer weiteren Sitzung zusammengekommen. Ein Ergebnis gab es noch nicht. Wie es im Nahen Osten jetzt weitergehen könnte, will Sandra Maischberger in ihrer ARD-Talkshow von dem Vorsitzenden des auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth von der SPD, und der Nahostexpertin Kristin Hellberg wissen. Sie lebte mehrere Jahre in Syrien.

Der erste direkte Angriff des Iran auf Israel war zwar eine Zäsur. Doch als wirklich schwer empfindet Roth den iranischen Strategiewechsel nicht. Immerhin werde Israel seit Jahren indirekt vom Iran angegriffen. "Der Iran hat den gesamten Nahen und Mittleren Osten mit Terrorknechten überzogen", sagt Roth. Hellberg möchte in diesem Zusammenhang nicht von Terrorknechten sprechen. "Das verharmlost diese Gruppen, die eigentlich viel strategischer denken, die auch eigene Interessen verfolgen." Deswegen spricht auch Roth später von Terroristen, wenn er Gruppen wie die Hamas, die Hisbollah oder die Huthi im Jemen meint.

Den Iran und seine Verbündeten verbinde ein Ziel: die Zerstörung Israels, erklärt Roth. Und bei dem Angriff der Hamas-Terroristen am 7. Oktober habe sich Israel verwundbar gezeigt. Roth: "Es muss jetzt für Israel darum gehen, abzuschrecken, damit so etwas nie wieder passiert. Man hat jetzt diesen furchtbaren Angriff abwehren können, aber am Ende bleibt die große Sorge der Israelis, war das wirklich der letzte Angriff oder war es nur der Einstieg in eine weitere Eskalation, die von Iran ausgeht?"

Darauf hat die Nahost-Expertin eine Antwort: "Der Iran hat kein Interesse an einer direkten Auseinandersetzung, weder mit Israel noch mit den USA." Der Iran habe mit seinem Angriff seine Bereitschaft gezeigt, vom Strippenzieher im Hintergrund zu einer aktiven politischen Kriegspartei zu werden. Hellberg: "Dennoch war der Angriff von Samstag so kalkuliert und angekündigt, über die Region vor allem, über die arabischen Nachbarn, die das dann wohl an die USA weitergeleitet haben, dass diese 300 Drohnen und Marschflugkörper abgefangen werden konnten. Die Botschaft war: Klares Signal, wir greifen massiv an, das ist das, was wir können." Aber ein Interesse an einem direkten Krieg habe der Iran nicht, denn dabei könne das Regime nur verlieren.

Was kann Israel jetzt tun?

Sollte Kristin Hellberg recht haben, könnte Israel die Angelegenheit theoretisch auf sich beruhen lassen. Ob es so reagiert, kann die Expertin nicht sagen. Israel habe mehrere Optionen, sagt sie: "Israel kann weitermachen wie bisher, das sind Angriffe auf iranische Revolutionsgarden, Hamas-Funktionäre, Hisbollah-Kommandeure im Libanon, in Syrien, im Irak. Das macht Israel seit Jahren." Zudem könnte Israel gezielte geheimdienstliche Operationen auf nukleare Einrichtungen innerhalb des Iran ausführen.

"Das, was die radikaleren Fraktionen innerhalb der Regierung Netanjahu wollen, ist ein massiver Schlag, um die Hisbollah ein für alle Mal von der Grenze zu Israel zu entfernen und dieses iranische Regime zu verletzen und existenziell zu bedrohen." Das wäre die Eskalation, die viele Politiker befürchteten. Schließlich könnte Israel laut Hellberg die aktuelle Situation nutzen und gemeinsam mit den benachbarten arabischen Staaten "eine strategische Allianz zur Einhegung des Iran" schmieden. Welche Schritte Israel letztlich unternehmen werde, hänge davon ab, wer sich im Kriegskabinett und in der Regierung Netanjahu durchsetze. Jedenfalls habe von der Eskalation des Iran vor allem Israel profitiert.

Michael Roth hat noch eine weitere Idee: "Ich rate dazu, es bei einer sogenannten strategischen Ambiguität (Zweideutigkeit) zu belassen. Warum sollte Israel jetzt dezidiert erklären, es gibt keinen Gegenschlag? Israel muss ein Land, das danach trachtet, Israel zu zerstören, jüdisches Leben zu ermorden, in Unsicherheit lassen."

Die Aufgabe des Westens sei dabei, das Bedürfnis Israels nach Sicherheit zu erfüllen. Dazu sollte man mit den moderaten arabischen Staaten enger zusammenarbeiten, die Europäische Union sollte die Revolutionsgarden auf die Sanktionsliste setzen, und Deutschland sollte ein Zeichen setzen und die regimetreuen Organisationen wie das Islamzentrum in Hamburg dichtmachen. Wichtig sei, "dass es hier keine Toleranz gibt gegen diese israelfeindliche Politik des Mullah-Regimes. Das würde zumindest helfen, dass deutlich wird: Es gibt eine Umkehr in der moderaten, auf Diplomatie setzenden Iranpolitik des Westens, der Europäischen Union, der Vereinigten Staaten von Amerika, Deutschlands und Großbritanniens. Dafür werbe ich." Wichtig sei, dass es um die Menschen in Israel gehe.

Kritik an SPD-Politikerin Özoguz

Die stellvertretende Bundestagspräsidentin Aydan Özoguz hatte in der Nacht zum Sonntag mit einem Post bei X für heftige Kritik gesorgt. Darin erklärte sie zunächst, sie sorge sich um die Menschen in der Ukraine und in Israel, die durch die Kriege leiden müssten. Dann stellte sie die Frage: "Warum musste diese Situation noch provoziert werden? Bombardierung der iranischen Botschaft hat Nahost weiter gefährdet." Das ging direkt an die Adresse Israels. Mittlerweile hat sie den Post wieder gelöscht. Dennoch wurde sie dafür kritisiert, auch aus ihrer eigenen Partei: Sie habe Israel vorgeworfen, den iranischen Angriff provoziert zu haben. Auch ihr Parteikollege Michael Roth reagierte verärgert: "Ich sehe das dezidiert nicht so wie meine Kollegin. Ich würde aber gerne persönlich mit ihr darüber sprechen wollen. Wir haben hier Gesprächsbedarf."

Quelle: ntv.de

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