Tauwetter setzt unter Zeitdruck Russland startet Offensive in Ostukraine
09.02.2023, 11:45 Uhr Artikel anhören
Wenn der Boden in der Ukraine taut, haben russische Panzer es deutlich schwerer, sich fortzubewegen.
(Foto: picture alliance / AA)
Die Angriffe russischer Truppen in der Region Luhansk nehmen zu, die erwartete Offensive beginnt wohl. Das liegt einerseits am näher rückenden Jahrestag der Invasion, andererseits am drohenden Witterungsumschwung. Die Zeit für die russische Armee drängt. Und Putin will einen Erfolg vorweisen.
Das russische Militär hat nach Einschätzung des örtlichen Gouverneurs die Angriffe in der Ostukraine deutlich verstärkt. Die russische Armee versuche, die ukrainischen Linien bei Kreminna zu durchbrechen, sagte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, dem ukrainischen Fernsehen. Bislang hätten sie damit aber keinen Erfolg.
Kreminna liegt etwa 100 Kilometer nordwestlich der Regionalhauptstadt Luhansk und hatte vor der russischen Invasion etwa 18.000 Einwohner. Wenige Kilometer entfernt liegen die Großstädte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk, die im Sommer des Vorjahres nach langen und verlustreichen Kämpfen durch russische Truppen erobert wurden. Sollten die russischen Streitkräfte die ukrainischen Verteidigungsstellungen in der Region durchbrechen, könnten sie ein Stück weiter in Richtung der Großstädte Kramatorsk und Slowjansk vorrücken.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch das Institut für Kriegsstudien (ISW). Dort heißt es im aktuellen Tagesbericht, dass die russischen Streitkräfte wieder die Initiative ergriffen und die lange erwartete Großoffensive in der Region Luhansk gestartet hätten. Die russischen Angriffe bei Swatowe und Kreminna hätten demnach erheblich zugenommen, zuletzt seien immer mehr Kriegsgerät und weitere Truppenkontingente in die Region verlegt worden. Im Einsatz seien, anders als in der Gegend um Soledar und Bachmut, allerdings reguläre russische Soldaten und keine Kämpfer der Söldnergruppe Wagner. Bisher können die ukrainischen Soldaten die Verteidigungslinien halten, heißt es. Allerdings habe die Offensive Russlands laut ISW-Einschätzung noch nicht ihr volles Tempo erreicht.
Schlammiger Boden würde Offensive erschweren
Der Beginn einer Großoffensive war von vielen Experten Anfang oder Mitte Februar erwartet worden. Zum einen wurde spekuliert, dass der russische Präsident Wladimir Putin am 24. Februar, dem Jahrestag der Invasion, zählbare Erfolge präsentieren will - nachdem die Invasion bisher von zahlreichen Rückschlägen gezeichnet war. Zum anderen spielt die Witterung für einen Erfolg einer russischen Offensive eine entscheidende Rolle.
Nach Erkenntnissen des britischen Geheimdienstes ist der Boden in der Ukraine derzeit noch weitgehend gefroren, die Temperaturen bewegen sich allerdings bereits wieder um 0 Grad, sodass es zu erster Schlammbildung kommen kann. In nächster Zeit sollen sie weiter steigen. Das würde dazu führen, dass schwere Fahrzeuge wie Panzer oder gepanzerte Truppentransporter im schlammigen Boden stecken bleiben. Dieser Umstand machte den russischen Truppen bereits im Vorjahr erheblich zu schaffen. Und er könnte einen Erfolg deutlich unwahrscheinlicher machen.
Ähnlich äußerten sich bereits vor einigen Tagen auch russische Militärblogger. Die russische Militärführung habe es aufgrund des drohenden Tauwetters eilig, ihre Offensive zu starten, hieß es auf entsprechenden Social-Media-Kanälen. Der russische Nationalist Igor Girkin ist trotz des aktuellen Starts der Offensive nicht von deren Erfolg überzeugt. In seinen Augen reichen die derzeit konzentrierten Truppen nicht aus. "Ohne eine neue Welle der Mobilisierung werden wir die Ukraine nicht besiegen können", schrieb er auf Telegram.
Quelle: ntv.de, als/rts