Vorwürfe gegen deutsche Lehrer Schule in Türkei dementiert Weihnachtsverbot
18.12.2016, 17:37 Uhr
Politiker in Deutschland reagieren erbost: Ein deutsch-türkisches Gymnasium in Istanbul soll die Behandlung des Weihnachtsfestes im Unterricht verboten haben. Die Schule dementiert - macht aber gleichzeitig den deutschen Lehrern Vorwürfe.
Das deutsch-türkische Elite-Gymnasium Istanbul Lisesi hat dementiert, dass die türkische Schulleitung ein Weihnachtsverbot erlassen habe. Das entspreche nicht der Wahrheit, hieß es in einer auf der Homepage der Schule veröffentlichten Mitteilung.
Allerdings hätten die deutschen Lehrer im Unterricht "vor allem in den letzten Wochen Texte über Weihnachten und das Christentum auf eine Weise behandelt, die nicht im Lehrplan vorgesehen ist". Sie hätten dabei Aussagen gemacht, "die von außen betrachtet den Weg für Manipulationen freimachen".
Daraufhin habe die türkische Schulleitung "unverzüglich" ein Treffen mit der Leitung der deutschen Abteilung einberufen, heiß es weiter. Dabei seien die deutschen Lehrer aufgefordert worden, solche "Gerüchte" nicht zu befördern. Sie seien außerdem aufgefordert worden, im Sinne der "Zusammenarbeit der beiden Länder" Sensibilität zu zeigen.
"Nichts mehr über Weihnachtsbräuche"
In einer E-Mail, die die Leitung der deutschen Abteilung des Istanbul Lisesi an das Kollegium schickte und die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, hieß es: "Es gilt nach Mitteilung der türkischen Schulleitung eben, dass ab sofort nichts mehr über Weihnachtsbräuche und über das christliche Fest im Unterricht mitgeteilt, erarbeitet sowie gesungen wird." Deutsche Lehrer der Schule bestätigten das Verbot gegenüber deutschen Medien.
Zu der Absage der Teilnahme des deutschen Chors des Istanbul Lisesi am Weihnachtskonzert im deutschen Generalkonsulat hieß es in der Stellungnahme der Schule, das sei nicht auf die türkische Schulleitung zurückgegangen. "Das betreffende Konzert wurde von den verantwortlichen deutschen Lehrern aus einem auch für uns nicht nachvollziehbaren Grund abgesagt." Aus dem deutschen Kollegium war dieser Darstellung schon zuvor widersprochen worden.
In der Mitteilung der Schule wurde die Berichterstattung als "Provokation" bezeichnet. "Es ist zu hinterfragen, wem diese Provokation dient. Es ist offensichtlich, dass dies den türkisch-deutschen Beziehungen nicht dient."
Kritik in Deutschland
Die Bundesregierung reagierte mit Unverständnis auf das Weihnachts-Verbot. "Wir verstehen die überraschende Entscheidung der Leitung des Istanbul Lisesi nicht", hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. "Es ist sehr schade, dass die gute Tradition des vorweihnachtlichen interkulturellen Austausches an einer Schule mit langer deutsch-türkischer Tradition in diesem Jahr ausgesetzt wurde. Wir nehmen das natürlich mit unseren türkischen Gesprächspartnern auf."
Weniger diplomatisch reagierten Abgeordnete. Der Religionsbeauftragte der Unionsfraktion, Franz Josef Jung, nannte das Vorgehen "vollkommen inakzeptabel". "Wenn die Bundesrepublik Deutschland die Lehrer an diesen Schulen finanziert, dann kann sie auch die Inhalte des Unterrichts bestimmen", sagte der CDU-Politiker.
Innenstaatssekretär Günter Krings zweifelte am Sinn der deutschen Unterstützung für das Istanbul Lisesi. "Das zeigt für mich, dass es dort offenbar kein Interesse an einem offenen kulturellen Austausch mehr gibt", sagte der CDU-Politiker der "Rheinischen Post". Auch die Grünen forderten Konsequenzen. "Ein Verbot des Themas Weihnachten an Schulen ist nicht hinnehmbar, erst recht, wenn sie von Deutschland mitfinanziert werden", sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Omid Nouripour.
Die derzeit 35 deutschen Lehrer des Istanbul Lisesi werden von der Bundesrepublik entsandt und aus Steuermitteln bezahlt, was auf eine jährliche finanzielle Förderung in Millionenhöhe hinausläuft. Das traditionsreiche Elite-Gymnasium wird ausschließlich von türkischen Schülern besucht, ist aber eine anerkannte deutsche Auslandsschule. Grundlage ist ein Zusatzvertrag zum Kulturabkommen zwischen Deutschland und der Türkei, wonach Deutschland bis zu 80 deutsche Lehrer an bestimmte türkische Schulen entsendet. Das deutsche Kollegium an der Schule hat eine eigene Abteilungsleitung, die aber der türkischen Schulleitung untersteht.
Quelle: ntv.de