Panzer-Talk bei Illner "Sehe keine deutschen Kampfjets über der Ukraine"
27.01.2023, 04:17 Uhr
Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist gegen die Lieferung deutscher Kampfflugzeuge.
(Foto: picture alliance / Flashpic)
Nach der Ankündigung Deutschlands, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern, sind nun aus dem Kriegsland Forderungen nach Kampfjets laut geworden. In der ZDF-Talkshow "Maybrit Illner" bezweifelt die FDP-Verteidigungsexpertin Strack-Zimmermann am Donnerstagabend, dass es dazu kommen wird.
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat den Wunsch nach weiteren Waffenlieferungen geäußert. Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern an die Ukraine angekündigt hat, hat Selenskyj nun um Kampfflugzeuge gebeten. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte das schon am Mittwoch bei einer Befragung im Bundestag abgelehnt. Auch die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, ist dagegen. "Ich sehe keine deutschen Kampfflugzeuge am ukrainischen Himmel", sagt die Politikerin am Donnerstagabend in der ZDF-Talkshow "Maybrit Illner". "Weil man dann auch russische Stellungen auf russischem Gebiet angreifen müsste, damit die nicht die Flugzeuge vom Himmel holen."
Andere europäische Länder sehen das anders. So haben die Slowakei und Polen ihre Bereitschaft signalisiert, MIG-29-Maschinen aus ehemaligen sowjetischen Beständen an die Ukraine abzugeben. Doch gerade was Polen angeht, würde es ein Problem geben. Die MIGs, die das Land besitzt, stammen aus ehemaligen Beständen der Nationalen Volksarmee der DDR und waren 2003 von der Bundesregierung für einen symbolischen Wert von einem Euro je Flugzeug an Polen weitergegeben worden. Ähnlich wie bei den Leopard-2-Kampfpanzern bräuchte Polen also eine Genehmigung von der Bundesregierung für die Weitergabe der Flugzeuge.
Eigentlich geht es bei der ZDF-Sendung am Donnerstagabend aber um die zögerliche Haltung von Bundeskanzler Scholz bei der Lieferung der Leopard-2-Panzer. Die kann der SPD-Politiker Ralf Stegner gut verstehen: "Der Bundeskanzler sorgt dafür, dass wir einerseits die Ukraine so gut unterstützen wie wir können, dass sich aber auf der anderen Seite der Krieg nicht ausbreitet, dass wir keine Kriegspartei werden und dass wir mit dem Verbündeten zusammenarbeiten", lobt Stegner.
Politikwissenschaftlerin Jana Puglierin sieht in dem Zögern des Kanzlers sogar einen Vorteil für die Ukraine: Scholz habe mit US-Präsident Joe Biden über die Lieferung amerikanischer Kampfpanzer verhandelt. Die hatten die USA zunächst nicht liefern wollen. Biden habe sich nun anders entschieden. Dennoch wäre ihrer Ansicht nach eine europäische Aktion ohne die USA besser gewesen.
"Panzerlieferung politische Entscheidung"
Ben Hodges ist eine gewisse Enttäuschung anzumerken. Der NATO-Berater ist aus London zugeschaltet. In den USA fehle im Moment die Strategie. Man wisse dort noch nicht, ob die Ukraine den Krieg wirklich gewinnen solle, sagt er. "Man will, dass das Land erfolgreich ist und nicht verliert, aber vom Gewinnen redet keiner", kritisiert er die Regierung des Landes, aus dem er stammt. Das sei klar geworden bei der Diskussion um die Lieferung der Abrams-Kampfpanzer. Darum habe man sich in Washington lange gedrückt. "Das wurde zum Beispiel mit der komplizierten Bedienung begründet. Und ich habe mich da gefragt, warum wir dann selber 2.000 davon nutzen."
Falsch sei die Behauptung, die europäischen Leopard-2-Panzer hätten nur Symbolcharakter. Die NATO erwarte eine russische Großoffensive im nächsten Vierteljahr, und da könnten sie der ukrainischen Armee helfen. Mit den amerikanischen Abrams sei das anders. Die würden viel zu spät kommen. "Bei der Frühjahrsoffensive helfen die noch nicht." Er wünscht sich weitere Waffenlieferungen an die Ukraine, auch Kampfflugzeuge.
Es wäre eine sehr kriegerische Sendung geworden, wäre nicht Historiker und Pazifist Franz Alt zu Gast gewesen. Der ehemalige Moderator der ARD-Sendung "Report Baden-Baden", heute "Report Mainz", hatte bereits in den 1980er Jahren in seinem Buch "Frieden ist möglich" eine unbedingte Abrüstung "zur Bewahrung der Schöpfung" gefordert. Damals sei er der Meinung gewesen, Frieden könne man nur ohne Waffen schaffen, heute glaube er, Frieden ließe sich auch mit Waffen schaffen. Er sei vom Pazifisten zum Realpazifisten geworden.
Weitere Waffenlieferungen an die Ukraine lehnt er ab und fordert stattdessen sofortige Friedensverhandlungen, auch mit dem russischen Präsidenten Putin. "Der ist ein Schräger, ein Militarist. Aber er ist der Chef in Russland. Darum muss man versuchen, ihn an den Verhandlungstisch zu bringen. Das geht nur, wenn wir seine Interessen mit berücksichtigen."
Quelle: ntv.de