Politik

Rede bei Ordensverleihung Steinmeier: Merkel ist "jedes Getue" zuwider

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Ex-Bundeskanzlerin Merkel nimmt eine der höchsten Auszeichnungen Deutschlands entgegen. In seiner Laudatio spricht Bundespräsident Steinmeier über die vielen Stärken der ersten Frau an der Spitze der Bundesregierung: Durchsetzungsvermögen, Humor und Zurückhaltung.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat der früheren Kanzlerin Angela Merkel dafür gedankt, in Krisenzeiten Deutschland und Europa zusammengehalten zu haben. Seine Laudatio bei der Verleihung des sogenannten "Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland in besonderer Ausführung" in Berlin begann Steinmeier mit einer Erinnerung. Er beschrieb den 2. Dezember 2021. An diesem Tag verabschiedete sich Merkel von der politischen Bühne, kurz nachdem sie von der Ministerpräsidentenkonferenz gekommen war.

Das Vertrauen der Deutschen in ihre Kanzlerin habe damals auf zwei Aspekte aufgebaut. "Erstens: Auf ihre Kanzlerin und deren Pflichtbewusstsein konnten sie sich verlassen." Zweitens habe sich Merkel als Person nie in den Mittelpunkt gestellt. "Jede Eitelkeit, jede Schmeichelei, jedes Getue um sie selbst waren ihr zuwider", so Steinmeier. Schließlich habe sie aus ihrer persönlichen Zurückhaltung im Amt eine eigene Stärke gemacht.

Zudem attestierte Steinmeier Merkel Durchsetzungsvermögen. "Durchaus gegen Widerstand in Teilen der deutschen Öffentlichkeit, im Parlament, selbst in der eigenen Partei haben Sie dazu beigetragen, dass der Euroraum weiter besteht, dass kein Land aus unserer gemeinsamen Währung ausscheiden musste", sagte Steinmeier in seiner Laudatio in Berlin.

"Selbstkorrektur ist ein unverzichtbares Gut"

Merkel habe immer gewusst, wie wichtig es sei, Gesprächskanäle auch zu schwierigen Partnern offenzuhalten und nicht auf den Gesichtsverlust des Gegenübers zu setzen, fügte er hinzu. "In einer Zeit, in der unser Kontinent auseinanderzubrechen drohte, haben Sie Zentrum und Peripherie zusammengehalten, den Norden und Süden, den Osten und den Westen." Das habe sie auch in der Corona-Pandemie geschafft. Steinmeier, der in der 16-jährigen Amtszeit Merkels als Kanzlerin auch für die SPD Außenminister war, würdigte zudem ihre Fähigkeit zum Kompromiss, aber auch ihren Humor.

Zudem habe die heute 68-Jährige auch ihre Positionen ändern können, wenn sich die Realität geändert habe. "In einer Demokratie ist Selbstkorrektur ein hohes - ein unverzichtbares - Gut, eines, das im Übrigen Autokratien nicht kennen, und das wir schon deshalb nicht diskreditieren sollten", betonte der Bundespräsident. Um die Verleihung des Ordens, den zuvor nur die Kanzler Konrad Adenauer und Helmut Kohl bekommen hatten, hatte es in den vergangenen Tagen heftige Debatten gegeben.

Kritiker werfen Merkel Fehler in der Flüchtlings- oder der Russlandpolitik vor. Steinmeier erinnerte daran, was die Begleitumstände des Minsker Abkommens 2014 nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim waren. Damals habe man die Ausweitung des Krieges zum Flächenbrand in der gesamten Ukraine verhindern müssen. Es sei weiter richtig, dass Deutschland damals auf Wunsch der Ukraine für ein Waffenstillstandsabkommen mit nachfolgenden Verhandlungen zur Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine gekämpft habe. "Heute müssen wir anders denken, anders handeln - und das tut unser Land seit dem vergangenen Jahr mit großer Entschlossenheit, als größter Unterstützer der Ukraine innerhalb der EU", fügte er mit Blick auf den russischen Angriff auf die Ukraine 2022 hinzu.

Quelle: ntv.de, lve/rts

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