Politik

Ex-IWF-Chef offiziell angeklagt Strauss-Kahn kommt frei

Dominique Strauss-Kahn bei der Anhörung vor dem Supreme Court. (Videobild)

Dominique Strauss-Kahn bei der Anhörung vor dem Supreme Court. (Videobild)

(Foto: AP)

Im zweiten Versuch sind die Anwälte des Ex-IWF-Chefs erfolgreich: Strauss-Kahn kommt gegen eine Kautionssumme frei, die sechsmal über dem ursprünglichen Angebot liegt. Allerdings darf er nur die Gefängnisinsel Rikers Island verlassen, nicht New York. Inzwischen ist der Franzose auch offiziell wegen versuchter Vergewaltigung angeklagt.

Der unter dem Verdacht der versuchten Vergewaltigung in den USA festgenommene frühere IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn kommt gegen Kaution auf freien Fuß. Dies entschied der Supreme Court in New York. Für seine Freilassung aus der Untersuchungshaft wollten die Anwälte eine Kaution von einer Million US-Dollar (700.000 Euro) hinterlegen. Die war dem Gericht jedoch zu wenig - jetzt muss der 62-Jährige sechs Millionen US-Dollar zahlen.

Dominique Strauss-Kahn darf Rikers Island verlassen.

Dominique Strauss-Kahn darf Rikers Island verlassen.

(Foto: dpa)

Schon bei der ersten Anhörung hatte er eine Million Kaution angeboten, was aber wegen Fluchtgefahr abgelehnt wurde. Eine Instanz weiter vor dem State Supreme Court in Manhattan waren sie nun erfolgreich. "Wir haben Bedingungen zugesagt, die alle Bedenken zerstreuen können, dass Mr. Strauss-Kahn die Stadt verlässt", erklärten die Anwälte.

Vor der Verhandlung hatte der US-Fernsehsender CNN berichtet, Strauss-Kahns Anwälte wollten vorschlagen, dass er nach seiner Freilassung ständig überwacht wird und eine elektronische Fußfessel trägt. Damit wollten die Anwälte jegliche Fluchtgefahr des 62-Jährigen ausschließen. Demnach soll Strauss-Kahn seinen Pass abgeben und in einer Wohnung oder einem Hotelzimmer unter Hausarrest gestellt werden. Er müsse aber auf jeden Fall in New York bleiben.

Inzwischen ist gegen Strauss-Kahn auch formell Anklage wegen des Vorwurfs der versuchten Vergewaltigung erhoben worden. Dies teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die Entscheidung war entsprechend dem Recht des Bundesstaates New York von einer Anklagejury getroffen worden. Sollte der 62-Jährige auf nicht schuldig plädieren - was sein Anwalt angekündigt hat - kann es damit zu einem Gerichtsverfahren kommen.

Nicht mehr IWF-Chef

Strauss-Kahn hatte zuvor seinen Rücktritt vom Amt als IWF-Chef erklärt. Das teilte der Internationale Währungsfonds mit. Der Rücktritt gelte mit sofortiger Wirkung.

Gleichzeitig veröffentlichte der IWF das Rücktrittsgesuch des 62-Jährigen an das Direktorium der Organisation. Darin schreibt Strauss-Kahn, er fühle sich "in unendlicher Traurigkeit" verpflichtet, seinen Posten aufzugeben. Die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen weist er erneut zurück. Er trete zurück, um den IWF zu schützen, "dem ich mit Ehre und Hingabe gedient habe". Vor allem wolle er all seine Kraft, Zeit und Energie darauf verwenden, seine Unschuld zu beweisen.

Der IWF teilte weiter mit, Strauss-Kahns Vize werde bis zur Wahl eines Nachfolgers die Amtsgeschäfte führen.

Am Mittwoch hatten die USA sich offen für eine Übergangslösung für die IWF-Führung ausgesprochen. Strauss-Kahn sei "offensichtlich nicht in der Lage", den Währungsfonds zu lenken, stellte Finanzminister Timothy Geithner fest. Einen Nachfolgekandidaten haben die USA bislang nicht ins Spiel gebracht. Der Posten wird traditionell von den Europäern besetzt. Mittlerweile haben allerdings auch Schwellenländer einen Anspruch angemeldet.

Opfer will "die Wahrheit sagen"

Die Karteikarte der New Yorker Polizei über Dominique Strauss-Kahn.

Die Karteikarte der New Yorker Polizei über Dominique Strauss-Kahn.

(Foto: REUTERS)

Das mutmaßliche Opfer Strauss-Kahns sagte nach Angaben ihres Anwalts bereits vor der Grand Jury aus. Sie habe nur das Interesse, "die Wahrheit zu sagen und ihr Leben wie zuvor weiterleben zu können", sagte Jeff Shapiro CNN. Alle Verschwörungstheorien seien abwegig.

Unterdessen berichten französische Zeitungen, dass ein Überwachungsvideo aufgetaucht sei. Es zeige zuerst das Zimmermädchen, das offenbar in Panik aus dem Raum stürme. Wenig später verlasse auch Strauss-Kahn das Hotelzimmer, den Angaben zufolge "in Hast". Ein mit dem Fall befasster Vertreter der französischen Polizei sagte dagegen, in dem betreffenden Hotel gebe es in den Stockwerken mit Gästezimmern keine Überwachungskameras.

Der US-Fernsehsender ABC berichtete indes unter Berufung auf örtliche Polizeikreise, die Ermittler untersuchten Proben von "Körperflüssigkeiten", die in Strauss-Kahns Hotelzimmer genommen worden seien. Die Proben seien an einer von der Hotelangestellten beschriebenen Stelle in dem Zimmer gefunden wurden, an der Strauss-Kahn sie zum Oralsex gezwungen haben soll. Sie würden nun auf die DNA des IWF-Chefs hin untersucht.

Kandidatenkarussell dreht sich weiter

Christine Lagarde

Christine Lagarde

(Foto: dpa)

Die französische Finanzministerin Christine Lagarde gilt für Beobachter momentan als heiße Kandidatin. Der niederländische Notenbankgouverneur Nout Wellink brachte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet als Nachfolger ins Spiel. Der Ende Oktober aus dem Amt scheidende Trichet wäre ein "fantastischer Kandidat", sollte Strauss-Kahn zurücktreten, sagte Wellink am Mittwochabend im niederländischen Fernsehen.

China unterstrich den Anspruch der Schwellenländer auf die IWF-Führung. Die Auswahl eines Kandidaten sollte auf Kriterien wie Leistung, Transparenz und Fairness basieren, sagte eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums. "Im Prinzip glauben wir, dass Schwellen- und Entwicklungsländer in Spitzenpositionen vertreten sein sollten", sagte sie.

Strauss-Kahn war am Samstag festgenommen worden. Er soll versucht haben, ein Zimmermädchen in einem New Yorker Luxus-Hotel zu vergewaltigen. Ihm wird auch sexuelle Nötigung und Freiheitsberaubung zur Last gelegt. Im Falle einer Verurteilung drohen Strauss-Kahn 25 Jahre Gefängnis.

Quelle: ntv.de, hvo/rts/AFP/dpa

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