Einigung auf souveränen Rat Sudanesen feiern Schritt gen Demokratie
05.07.2019, 18:43 Uhr
Die Nachricht über die Einigung erreichte die Menschen an ihrem wöchentlichen Feiertag.
(Foto: REUTERS)
Der Sudan hat einen wichtigen Zwischenschritt auf dem Weg zur Demokratie genommen: Nach monatelangen Konflikten verständigen sich Militärführung und Demonstranten auf eine gemeinsame Übergangsregierung. Doch bei allem Optimismus bleiben Zweifel.
Nach monatelangen Konflikten mit mehr als Hundert Todesopfern stehen die Zeichen im Sudan auf Entspannung: Der regierende Militärrat und die Protestbewegung haben sich auf die Bildung einer Übergangsregierung verständigt. Aus Vertretern des Militärs und der Protestbewegung soll ein gemeinsamer "souveräner Rat" gebildet werden - dem zunächst die Armee vorsitzen soll, bevor ein Oppositionsvertreter übernimmt.
Die optimistisch stimmende Nachricht über die Einigung wurde am Freitag bekannt, der in vielen islamischen Ländern der wöchentliche Feiertag ist. Der Funke Hoffnung genügte bereits für erste Freudentaumel am Morgen. Am Morgen nach dem Verhandlungserfolg zogen Menschenmengen feiernd durch die Straßen der Hauptstadt. Sie skandierten "Das Blut der Märtyrer wurde nicht umsonst vergossen" und "Zivilherrschaft, Zivilherrschaft". In den sozialen Medien äußerten Sudanesen dennoch ihr Misstrauen gegenüber den Generälen.
Für viele Sudanesen steht deshalb die Frage im Raum, ob dies bereits der erhoffte große Schritt in Richtung Demokratie ist. Sudans Freiheitsikone Alaa Salah gibt sich optimistisch. "Aber wir müssen abwarten und schauen, ob der Übergangsrat des Militärs seinen eingegangenen Verpflichtungen auch nachkommen wird", so Salah. In der Vergangenheit habe er das nicht gemacht und kaltblütig Demonstranten getötet. Die Studentin, die nach einem leidenschaftlichen Auftritt bei einer Protestkundgebung international zum Gesicht des Aufstands in ihrer Heimat wurde, hofft auf ein friedliches Ende der monatelangen Unruhen mit zahlreichen Toten.
Auch wenn der Weg noch lang sein dürfte: die Menschen in dem Staat mit seinen 41 Millionen Einwohnern sind zermürbt von monatelangen Machtkämpfen und sehnen sich nach Frieden und Stabilität. Immerhin steckt der Sudan in einer schweren Wirtschaftskrise - er gehört zu den 25 ärmsten Ländern der Welt.
Zweifel an der Umsetzung
Die Massenproteste und eine Sitzblockade der unzufriedenen Bevölkerung hatten dazu geführt, dass der Langzeitherrscher Omar al-Baschir im April nach drei Jahrzehnten an der Macht von den Streitkräften gestürzt worden war. Danach begann in dem Nachbarland Ägyptens ein erbittertes Ringen um die Macht, das auf Vermittlung durch die Afrikanische Union (AU) nun in eine Kompromissformel mündete. Gemeinsam mit dem Militär soll nun das Oppositionsbündnis Deklaration für Freiheit und Wandel einen Obersten Rat mit wechselnder Führung für eine 21-monatige Übergangszeit bilden.
Siddig Jusif saß als Vertreter der Demonstranten mit am Verhandlungstisch. Er sieht die Einigung als eine wichtige Etappe - aber noch nicht als Durchbruch. "Das ist der allererste Schritt zum Aufbau eines demokratischen Sudans", so Jusif. Der Politologe Ahmed Soliman spricht angesichts der Bedingungen von einem Kompromiss, bei dem Zweifel an der Umsetzung gerechtfertigt seien. Er verweist zur Begründung auch auf Spannungen innerhalb der beiden Lager und will daher auch ein Scheitern der Einigung nicht ausschließen.
Vorangegangen waren dem Kompromiss zähe Verhandlungen zwischen Generälen und Opposition über die Bildung einer Übergangsregierung, bei denen beide Seiten mit Streiks oder brutaler Gewalt immer wieder Druck aufbauten. Die Afrikanische Union vermittelte jetzt erfolgreich. Sie hatte den Sudan nach der gewaltsamen Unterdrückung der Proteste vorläufig suspendiert: Die Teilnahme des große Flächenstaates im Nordosten Afrikas von allen AU-Aktivitäten wurde bis zur Einsetzung einer zivil geführten Übergangsregierung ausgesetzt. Eine erste Geste des guten Willens gab es vom Militärrat auf Forderung der Opposition: 235 Gefangene einer Rebellengruppe wurden aus der Haft entlassen.
Quelle: ntv.de, ftü/dpa/AFP