Täuschung als Strategie Taliban nutzen westliche Medien für sich aus
24.08.2021, 09:59 Uhr
Pressekonferenz vor vollem Haus: Die Taliban wissen sich in Szene zu setzen.
(Foto: imago images/Xinhua)
Während die Welt auf den Flughafen in Kabul blickt und Menschen in Sicherheit gebracht werden, ziehen die Taliban im Hintergrund die Fäden. So sieht es zumindest der afghanische Journalist Hossaini. Die Miliz wisse mit westlichen Medien umzugehen und nutze Social Media zur Propaganda.
Alles nur Ablenkung: Die Taliban sollen in Afghanistan ihre Aufmerksamkeit bei den westlichen Medien nutzen, um von ihrem Vorgehen im Land abzulenken. Das erklärte der mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete Journalist Massoud Hossaini im "Deutschlandfunk". Wenn er die Berichte seiner Kontakte im Land mit denen in internationalen Medien vergleiche, stelle er fest, wie wenige Geschichten aus Afghanistan tatsächlich erzählt würden. Das liege daran, dass die radikal-islamische Miliz die Veröffentlichung bestimmter Videos und Fotos verhindern würde.
Der Westen habe sich "leider täuschen lassen", betonte der 39-Jährige. Als Beispiel führte er eine Pressekonferenz in Kabul aus der vergangenen Woche an. In dem Pressezentrum der Regierung hatten die Taliban erklärt, mit Pressefreiheit, der Arbeit von Journalistinnen und mit der von Medien einverstanden zu sein. Laut Hossaini sollen sie eine Woche zuvor noch den bisherigen Leiter des Pressezentrums ermordet haben – "darüber haben dann die wenigsten westlichen Medien berichtet".
Die Situation am Flughafen sei laut Hossaini, dem die Taliban nach einem Bericht über Zwangsehen Rache angedroht hatten, "orchestriert" und würde den medialen Fokus auf sich ziehen. "Sie lenken damit von einer Wirklichkeit ab, außerhalb vom Flughafen, außerhalb von Kabul - einer Wirklichkeit, über die die internationale Gemeinschaft unbedingt mehr erfahren müsste", sagt der langjährige AFP-Journalist.
Eine wichtige Rolle soll auch Social Media spielen, das ein wichtiges Propaganda-Instrument für die Taliban sei. "Die Taliban sind sehr umtriebig auf Facebook, Twitter und Telegram. Sie legen Fake-Seiten an, auf die selbst so jemand wie der Widerstandskämpfer Ahmad Massoud reingefallen ist, der Sohn des afghanischen Widerstandshelden Ahmad Massoud. Sie verbreiten auf diesen Seiten Falschmeldungen, und die Leute nehmen das dann für bare Münze", erklärte Hossaini. Über Twitter und Co. sei der Fall bestimmter Städte bereits verkündet wurden, noch bevor diese tatsächlich gefallen seien. Das sei in Herat und auch Kabul so gewesen. Auch damit hätten sie die westlichen Medien getäuscht.
Den Umgang mit westlichen Medien kennen die Taliban bereits seit Jahren. 2013 erlaubte Katar der Miliz, ein Büro in Doha zu eröffnen. "In den Jahren der Trump-Regierung haben sich die Friedensgespräche mit den Taliban dann durchgesetzt und das wurde von vielen tatsächlich als positive Entwicklung wahrgenommen. Da waren wir Taliban erstmals eine Masse von westlichen Journalisten ausgesetzt und mussten Rede und Antwort stehen", erklärte der Autor Emran Feroz im Podcast mit Micky Beisenherz.
In dem politischen Büro wurde auch die Evakuierung mit den USA ausgehandelt. Mullah Abdul Ghani Baradar, Vize-Chef der Taliban ist Leiter des Büros. Von dort werden auch diverse Sprecher für ausländische Nachrichtensender geschaltet.
Quelle: ntv.de, mba