Kontakt zu IS-Anführer? Terror-Spur des Imams führt nach Belgien
21.08.2017, 07:57 Uhr
Nach dem Anschlag in Barcelona sind die Sicherheitsvorkehrungen verschärft - auch bei Fußballspielen.
(Foto: AP)
Zwölf Menschen sollen die Terrorzelle gebildet haben, die für die Anschläge in Barcelona und Cambrils verantwortlich sein soll. Nach drei Verdächtigen wird noch gesucht - darunter ein Imam. Dessen Reisen und Kontakte kommen nun nach und nach ans Licht.
Nach den Anschlägen in Barcelona und Cambrils untersuchen die Ermittler verstärkt die Rolle des verschwundenen Imams Abdelkadi Es Satty. Der Imam sei in den vergangenen zwei Jahren nach Belgien sowie nach Marokko und Frankreich gereist, berichtete die spanische Zeitung "El País" unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen.
Insbesondere werde ein Aufenthalt Es Sattys 2016 in der belgischen Gemeinde Machelen untersucht, hieß es in spanischen Medien. Laut "El País" stand der Imam möglicherweise auch in Kontakt mit einem Anführer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Die Staatsanwaltschaft in Brüssel bestätigte den Aufenthalt des Imams. Sprecher Thierry Werts nannte aber keine Details. Der Geistliche sei den belgischen Behörden damals nicht bekannt gewesen. Eine Verbindung zu den Terroranschlägen von Brüssel 2016 sei derzeit nicht ersichtlich. Der Bürgermeister von Vilvoorde (franz.: Vilvorde) nördlich von Brüssel, Hans Bonte, hatte einen Aufenthalt des Imams in seiner Gemeinde bekannt gemacht. "Ich kann bestätigen, dass er von Januar bis März 2016 in Vilvorde war", sagte der Bürgermeister dem Sender VRT.
Die Terrorermittler fahnden außerdem weiter nach dem mutmaßlichen Fahrer des Anschlagswagens. Am Sonntag hatten die Sicherheitskräfte via Twitter erklärt, es gebe eine neue Spur. "Wir sind sehr nah an einer Person dran, die mit beiden Attentaten in Verbindung steht." Welche Rolle die Person bei dem Anschlag genau gespielt haben könnte, blieb zunächst offen.
Polizeichef Josep Lluis Trapero räumte ein, dass einer der Verdächtigen bereits das Land verlassen haben könnte. Bei dem Anschlag auf der Flaniermeile Las Ramblas waren am Donnerstag 13 Menschen getötet worden. Wenige Stunden später starb zudem eine Frau in der südwestlich gelegenen Küstenstadt Cambrils, wo wohl ein weiterer Anschlag vereitelt wurde.
Berichten zufolge gilt der 22-jährige Younes Abouyaaqoub als Hauptverdächtiger. Allerdings konnte Trapero nicht bestätigen, dass der Marokkaner tatsächlich den Lieferwagen gesteuert hat. Die Mutter Abouyaaqoubs appellierte an ihren Sohn, sich zu stellen. "Mir ist es lieber, er kommt ins Gefängnis, als dass er stirbt."
Die Polizei durchsuchte erneut eine Wohnung in Ripoll. In den frühen Morgenstunden hätten katalonische Beamte in der Unterkunft im Stadtteil Sant Pere unter anderem zwei Taschen und einen Karton mit Material sichergestellt, berichteten spanische Medien. Augenzeugen sprachen von einem "beachtlichen Polizeieinsatz" mit Beamten in Uniform und Zivil.
Weitaus verheerendere Anschläge geplant
Die Behörden gehen davon aus, dass die Attacken von einer islamistischen Terrorzelle mit zwölf Mitgliedern verübt wurden. Fünf davon wurden in Cambrils erschossen, vier kurz nach der Tat festgenommen - sie sollen voraussichtlich am Dienstag dem zuständigen Ermittlungsrichter in Madrid vorgeführt und verhört werden. Nach drei weiteren Verdächtigen werde gefahndet, sagte Trapero. Allerdings seien zwei von ihnen "mit größter Wahrscheinlichkeit tot".
Es Satty wird verdächtigt, die jungen Männer hinter den Anschlägen von Barcelona und Cambrils radikalisiert zu haben. Er wohnte in der Kleinstadt Ripoll in Katalonien. Von dort und von dem südkatalonischen Ort Alcanar aus soll die Terrorzelle aus agiert haben. Ein Einwohner Ripolls sagte, seit der Imam Es Satty vor zwei Jahren in den Ort gekommen sei, habe es dort einen "Wandel" gegeben.
Es Satty wurde seit Dienstag nicht mehr gesehen. Nach Informationen von "El País" wurde er möglicherweise bei der Explosion eines Hauses in Alcanar am Mittwoch getötet. In dem Haus hortete die Terrorzelle laut Polizei mindestens 120 Gasflaschen - offenbar waren damit noch weitaus verheerendere Anschläge geplant. Durch die Explosion in der Nacht zum Donnerstag wurden die ursprünglichen Anschlagspläne offenbar durchkreuzt. Ein Mann starb dabei, zudem wurden Überreste eines weiteren Menschen gefunden. Unklar ist, ob es sich dabei um zwei Verdächtige handelt, nach denen derzeit gefahndet wird.
Die 61-jährige französische Rentnerin Martine Groby, die neben dem Haus in Alcanar wohnt, sagte, sie habe seit April vier Männer gesehen, "die alle französisch sprachen". Sie seien gekommen und gegangen und hätten Waren entladen.
Quelle: ntv.de, mli/AFP/dpa