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Militärnahe Partei verliert Thailänder wünschen sich einen Regierungswechsel

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Pita Limjaroenrat und seine MFP könnten trotz klaren Wahlsiegs in der Opposition landen.

Pita Limjaroenrat und seine MFP könnten trotz klaren Wahlsiegs in der Opposition landen.

(Foto: REUTERS)

Die Haltung des thailändischen Volkes ist eindeutig: Die regierende, vom Militär gestützte Partei UTN sollte die Macht abgeben. Bei der Parlamentswahl landet sie abgeschlagen auf dem dritten Platz. Dass sie dennoch wieder den Ministerpräsidenten stellen könnte, liegt an Thailands komplexem Wahlsystem.

Bei der Parlamentswahl in Thailand haben die zwei wichtigsten Oppositionsparteien nach fast einem Jahrzehnt vom Militär gestützter Regierungen einen klaren Sieg eingefahren. Nach Auszählung der Stimmen in 99 Prozent der Wahllokale lag die oppositionelle Move-Forward-Partei (MFP) mit 14 Millionen Stimmen vorne, gefolgt von der ebenfalls oppositionellen Pheu-Thai-Partei (PTP) mit 10,6 Millionen Stimmen. Die Partei United Thai Nation (UTN) des von der Armee unterstützten Ministerpräsidenten Prayut Chan-O-Cha lag demnach mit etwa 4,6 Millionen Stimmen deutlich abgeschlagen auf Platz drei.

MFP-Chef Pita Limjaroenrat beanspruchte den Wahlsieg für sich und seine Partei. Er stellte eine Koalition mit der PTP in Aussicht. Aufgrund des politischen Systems in Thailand könnte sich Prayut jedoch selbst nach der klaren Niederlage an der Macht halten: Der Regierungschef wird in Thailand gemäß der 2017 unter der damals herrschenden Militärjunta verabschiedeten Verfassung nicht nur von den 500 Abgeordneten gewählt, sondern auch von den 250 vom Militär bestimmten Senatoren.

Regierungschef wird, wer insgesamt mindestens 376 Stimmen auf sich vereint - somit reichen für einen militärnahen Kandidaten voraussichtlich nur 125 Stimmen aus dem Repräsentantenhaus. Auch nach der bisher letzten Wahl im Jahr 2019 war die Unterstützung der Senatoren entscheidend für die Koalition unter Prayut.

Einer am frühen Montagmorgen (Ortszeit) veröffentlichten Prognose der thailändischen Wahlkommission zufolge kommt die MFP ebenso wie die PTP auf 112 per Direktmandat gewonnene Parlamentssitze. 100 Sitze werden nach Verhältniswahlrecht verteilt, die offiziellen Zahlen zur Sitzverteilung sollen jedoch erst in mehreren Wochen veröffentlicht werden.

MFP erteilt Militärs klare Absage

MFP-Chef Limjaroenrat sagte nach Veröffentlichung der Teilergebnisse, seine Partei habe für jegliche Minderheitsregierung von Parteien mit Unterstützung der Armee die "Tür geschlossen". Ein Bündnis mit der PTP sei "auf jeden Fall wahrscheinlich". Die den Teilergebnissen zufolge führende MFP ist insbesondere bei Anhängern der stark von jungen Menschen geprägten, pro-demokratischen Proteste beliebt, die seit 2020 in der Hauptstadt Bangkok stattfinden, und bei denen eine Reform der thailändischen Monarchie gefordert wird.

Die Spitzenkandidatin der oppositionellen und nach den ersten Zahlen zweitplatzierten PTP, Paetongtarn Shinawatra, ist die Tochter des 2006 gestürzten Regierungschefs Thaksin Shinawatra, der heute im Exil lebt. Die PTP hat ihre Hochburgen im ländlich geprägten Nordosten Thailands, wo viele Menschen bis heute dankbar für die unter Thaksins Regierung eingeführten Maßnahmen zur Unterstützung sozial schwacher Bürger sind. Als potenzieller Königsmacher gilt Prayuts Ex-Verbündeter Prawit Wongsuwan, der bei der Wahl für die von der Armee unterstützte Palang Pracharath (PPRP) ins Rennen gegangen war.

Die Parlamentswahl am Sonntag mit insgesamt rund 52 Millionen Wahlberechtigten war die erste landesweite Wahl seit Beginn der Demokratie-Proteste im Jahr 2020. Sie hat sich zu einem Generationenkonflikt zwischen der von jungen und ländlichen Wählern unterstützten pro-demokratischen Opposition und dem konservativen, mit dem Militär verbündeten royalistischen Establishment entwickelt, das von Prayut und seiner UTN verkörpert wird.

Seit dem Ende der absoluten Monarchie 1932 gab es in Thailand zwölf erfolgreiche Staatsstreiche. Beobachter halten im Fall einer Regierungsbildung durch die derzeitigen Oppositionsparteien ein Eingreifen des Militärs für möglich. Zudem hatten sich zuletzt im Land Gerüchte verbreitet, dass die oppositionelle MFP durch einen Gerichtsbeschluss aufgelöst werden könnte - wie bereits ihre Vorgängerpartei FFP nach deren überraschend gutem Wahlergebnis im Jahr 2019.

Quelle: ntv.de, jog/AFP

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