Rückkehr in die Türkei Tolu nimmt an Prozess in Istanbul teil
16.10.2018, 12:55 Uhr
Mesale Tolu war im April 2017 festgenommen worden. Anschließend saß sie mehrere Monate in Untersuchungshaft.
(Foto: REUTERS)
Im August durfte Mesale Tolu nach mehreren Monaten Haft aus der Türkei nach Deutschland ausreisen. Jetzt kehrt sie freiwillig zur Verhandlung nach Istanbul zurück und will sich für ihren Freispruch einsetzen. Dass es wirklich dazu kommt, glaubt sie aber nicht.
In der Türkei ist der Prozess gegen die deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu in ihrem Beisein fortgesetzt worden. Sie wolle sich persönlich für einen Freispruch einsetzen, sagte Tolu vor der Anhörung im Istanbuler Justizpalast Caglayan - und das, obwohl die 33-Jährige selbst mit einer Gefängnisstrafe rechnet. "Ich denke, es wird auf eine Haftstrafe hinauslaufen", sagte sie dem rbb-Inforadio.
"Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich mich selbst für meinen Freispruch einsetzen will", sagte Tolu, als sie an der Seite ihres Mannes vor dem Gericht eintraf. "Die Leute, die heute hier sind, leben ja auch mit diesem Risiko. Ich will auch an der Seite meines Mannes sein und für die Aufhebung seiner Ausreisesperre vor Gericht stehen." Im Istanbuler Justizpalast muss sich auch ihr Ehemann Suat Corlu, der anders als Tolu kein deutscher Staatsbürger ist, verantworten. Gegen ihn wurde eine Ausreisesperre verhängt. Neben Tolu und Corlu sind in dem Verfahren 21 weitere Menschen angeklagt.
Der deutsche Generalkonsul Michael Reiffenstuel und die Grünen-Abgeordnete Margit Stumpp nahmen als Beobachter an dem Prozess teil. "Formal gesehen ist es ein rechtsstaatliches Verfahren, aber wir kennen ja die Verhältnisse in der Justiz, und da habe ich persönlich große Bedenken", sagte Stumpp. Mit ihrer Präsenz wolle sie Unterstützung für Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei zeigen.
Tolu war im April 2017 in ihrer Istanbuler Wohnung festgenommen worden und hatte anschließend mehrere Monate in Untersuchungshaft verbracht, ehe sie im Dezember 2017 schließlich freikam. Erst im August wurde die Ausreisesperre gegen sie aufgehoben, sodass sie zu ihrem kleinen Sohn nach Deutschland zurückkehren konnte. Ihr Mann Corlu, der im selben Verfahren angeklagt ist, darf jedoch weiterhin die Türkei nicht verlassen.
Tolu werden Terrorpropaganda und die Unterstützung der Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei MKLP vorgeworfen, die in der Türkei als Terrororganisation gilt. Ihr drohen bis zu 25 Jahre Haft. Die Inhaftierung Tolus und anderer deutscher Staatsbürger wie des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel und des Menschenrechtlers Peter Steudtner haben die deutsch-türkischen Beziehungen schwer belastet. Auch nach der Freilassung Yücels, Steudners und Tolus sitzen weiterhin mehrere Deutsche aus politischen Gründen in Haft.
Quelle: ntv.de, ftü/AFP/dpa