Politik

Ex-FBI-Chef Comey angeklagt Trump hat schon die nächsten "korrupten" Personen im Visier

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Wenn sich Donald Trump etwas wünscht, setzen es seine Vertrauten alsbald um.

Wenn sich Donald Trump etwas wünscht, setzen es seine Vertrauten alsbald um.

(Foto: REUTERS)

Für Donald Trump geht es nicht um Rache, wie er sagt. Es geht um "Gerechtigkeit". Mit dem früheren FBI-Chef knöpft sich die US-Justiz nun einen prominenten Widersacher des Präsidenten vor. Und James Comey soll nicht der Letzte auf der Anklagebank sein.

Nach der Anklage gegen seinen Widersacher und Ex-FBI-Chef James Comey spekuliert US-Präsident Donald Trump offen über das juristische Vorgehen gegen weitere ihm missliebige Personen. Trump sagte vor Journalisten auf die Frage, wer der nächste auf seiner Liste sei: Es gebe keine Liste, aber er denke, dass noch "andere" folgen werden. Namen nannte er nicht. Er sprach von "korrupten" Personen und von "linksradikalen" Demokraten. Auf die Frage, ob es um Gerechtigkeit oder um Rache gehe, sagte Trump: "Es geht um Gerechtigkeit."

Nach massivem Druck von Trump auf die Justiz hatte eine Geschworenenjury Comey am Donnerstag (Ortszeit) unter anderem wegen angeblicher Falschaussage angeklagt. Das Justizministerium teilte mit, dem 64-Jährigen werde zudem vorgeworfen, eine Untersuchung des Kongresses behindert zu haben. Während Trump aus seiner Freude über die Anklage keinen Hehl machte, wehrte sich sein Widersacher gegen die Vorwürfe. In einem auf Instagram verbreiteten Video betont Comey: Das Vorgehen des Justizministeriums "bricht mir das Herz, aber ich habe großes Vertrauen in das Bundesgerichtssystem, und ich bin unschuldig".

Das von Trumps Verbündeter Pam Bondi geführte Justiz-Ressort erklärte am Donnerstag, Comey werde wegen "schwerwiegender Verstöße im Zusammenhang mit der Weitergabe sensibler Informationen" strafrechtlich verfolgt. Konkret wird ihm zur Last gelegt, im Jahr 2020 eine Untersuchung des Kongresses behindert und eine Falschaussage gemacht zu haben. Im Falle einer Verurteilung drohen Comey bis zu fünf Jahre Haft.

Nur wenige Tage zuvor hatte Trump Bondi über die sozialen Medien nachdrücklich dazu aufgefordert, gegen Personen vorzugehen, die er als Feinde betrachtet. Der Präsident beklagte, dass viel geredet, aber nichts getan werde - und nannte ausdrücklich Comey. Letzterer war 2013 vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama zum Direktor der Bundespolizei FBI gemacht worden. In Trumps erster Amtszeit ermittelte er zu russischer Einflussnahme auf die US-Wahlen 2016 und möglichen Verbindungen zwischen Moskau und Mitgliedern aus Trumps Wahlkampfteam. 2017 wurde Comey von Trump im Zusammenhang mit den damals noch laufenden Ermittlungen entlassen.

"GERECHTIGKEIT IN AMERIKA!"

Comey sagte in der am Donnerstagabend veröffentlichten Videobotschaft, er wisse seit Jahren, dass es Konsequenzen habe, wenn man Trump die Stirn biete. "Jemand, den ich sehr liebe, hat kürzlich gesagt, dass Angst das Werkzeug eines Tyrannen ist - und sie hat recht, aber ich habe keine Angst, und ich hoffe, ihr habt auch keine."

Damit nahm Comey nach Angaben der "New York Times" Bezug auf seine Tochter Maurene. Diese war im Juli ohne Angaben von Gründen ihres Amtes als New Yorker Bundesanwältin enthoben worden - laut ihrer Mitte September dagegen eingereichten Klage hauptsächlich, weil sie James Comeys Tochter ist. In die Kamera richtete ihr Vater nun den Appell, sich zu engagieren und wählen zu gehen, weil das Schicksal des Landes davon abhänge. Am 9. Oktober ist vom Gericht ein Termin zu dem Fall angesetzt.

US-Präsidenten legen traditionell großen Wert darauf, keinen Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz aufkommen zu lassen. Trump hat aber bereits mit vielen Gepflogenheiten gebrochen. Kritiker werfen ihm vor, die Justiz und Strafverfolgungsbehörden mit seiner Macht als Präsident zu beeinflussen und für politische Zwecke zu instrumentalisieren.

Trump hatte seine Handlungsaufforderung an die Justizministerin vor wenigen Tagen mit dem in Großbuchstaben formulierten Aufruf "GERECHTIGKEIT MUSS WALTEN, JETZT!!!" versehen. Nach Bekanntgabe der Anklage verkündete er nun ebenfalls wieder über sein Sprachrohr Truth Social: "GERECHTIGKEIT IN AMERIKA!" Außerdem bezeichnete er Comey als korrupt und "einen der schlimmsten Menschen, denen dieses Land jemals ausgesetzt" gewesen sei.

Unabhängige Institution als Handlanger des Präsidenten

Der aktuelle FBI-Chef Kash Patel, den Trump nach seinem Wahlsieg installiert hatte, kommentierte die Anklage mit den Worten, "korrupte" Ex-Führungskräfte hätten die Strafverfolgungsbehörden des Bundes als "Waffe" eingesetzt. Dadurch sei der Ruf einstmals angesehener Institutionen beschädigt und das Vertrauen der Öffentlichkeit erschüttert worden. Kritiker werfen Patel vor, er sei kein unabhängig agierender FBI-Chef, sondern vielmehr Erfüllungsgehilfe Trumps und ohne die notwendigen Qualifikationen an sein jetziges Amt gekommen.

Justizministerin Bondi erklärte in einer gemeinsamen Stellungnahme mit Patel, dass niemand über dem Gesetz stehe. Die Anklage spiegele die Entschlossenheit ihres Ministeriums wider, all jene zur Rechenschaft zu ziehen, "die ihre Machtposition missbrauchen, um das amerikanische Volk zu täuschen". So wie Patel sieht sich auch Bondi dem Vorwurf ausgesetzt, eine unabhängige Institution faktisch zum Handlanger des Präsidenten gemacht zu haben und sich Trumps Diktum zu beugen.

Trump hatte seine Forderung nach einer juristischen Verfolgung seiner Gegner vor einigen Tagen damit begründet, dass Politiker der Demokratischen Partei ihn "ohne Grund" zwei Mal einem Amtsenthebungsverfahren ausgesetzt und ihn fünf Mal vor Gericht gestellt hätten. In seiner Erklärung ging Trump namentlich den Senator Adam Schiff aus Kalifornien sowie die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James an. Beide gehören den oppositionellen Demokraten an und waren in den vergangenen Jahren an Untersuchungen gegen Trump beteiligt, die der Republikaner als eine politisch motivierte "Hexenjagd" gegen sich betrachtet.

Staatsanwältin Lindsey Halligan erklärte unterdessen, die Anklage gegen Comey stehe im Zusammenhang mit "seiner mündlichen Aussage vor einem Ausschuss des US-Senats am 30. September 2020". Die erst am Montag ernannte Halligan musste sich bei der Anklageerhebung beeilen: Fünf Jahre nach seiner Aussage, also am Dienstag, wäre die Verjährungsfrist für eine Anklage gegen Comey verstrichen.

Halligan, die früher als Anwältin für Trump und zuletzt im Weißen Haus gearbeitet hatte, hat keinerlei Erfahrung als Staatsanwältin. Sie trat die Nachfolge von Erik Siebert an, der unter dem Druck von Trump zurückgetreten war. Laut "Washington Post" lehnte er die Einleitung von Verfahren gegen Comey und James ab, weil es dafür nicht genügend Beweise gebe. Trump prahlte seinerseits damit, Siebert entlassen zu haben. "Er ist nicht zurückgetreten, ich habe ihn entlassen."

Quelle: ntv.de, fzö/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen