PKK-Anhänger wollen demonstrieren Türkische Armee riegelt Cizre weiter ab
11.09.2015, 12:57 Uhr
An einer Straßensperre kurz vor Cizre ist Schluss. Die Sicherheitskräfte lassen niemanden in die Stadt, in der in den vergangenen Tagen mindestens 30 Menschen getötet wurden.
(Foto: REUTERS)
Seit einer Woche ist die Stadt Cizre im kurdischen Südosten der Türkei abgeriegelt. Die wenigen Informationen über die Kämpfe dort zwischen Armee und PKK lassen Schlimmes befürchten. Kurden in Deutschland wollen deshalb auf die Straße gehen.
Die Türkei setzt ihre Luftangriffe gegen die verbotene Kurdische Arbeiterpartei (PKK) im benachbarten Irak unvermindert fort. Sicherheitskreisen zufolge bombardierten in der vergangenen Nacht mehr als 15 türkische Kampfflugzeuge PKK-Ziele in der nordirakischen Grenzregion.
Auch die Gewalt im überwiegend kurdischen Südosten der Türkei hält an. Mutmaßliche PKK-Extremisten eröffneten in der Stadt Diyarbakir das Feuer auf ein vor allem von Polizisten besuchtes Restaurant. Dabei wurden nach Angaben aus Sicherheitskreisen drei Beamte verletzt und ein Zivilist getötet. Der getötete Zivilist war offenbar ein 22-jähriger Kurde, der in dem Restaurant als Kellner gearbeitet hatte.
Blutbad in Cizre befürchtet
In der Stadt Cizre, wo es zuletzt zu besonders heftigen Zusammenstößen zwischen PKK-Anhängern und Sicherheitskräften gekommen war, ist die seit einer Woche geltende Ausgangssperre weiter in Kraft.
Nach türkischen Regierungsangaben wurden in Cizre in den vergangenen Tagen mehr als 30 PKK-Kämpfer getötet. Kurdenvertreter berichten dagegen von zahlreichen zivilen Opfern. Der Menschenrechtskommissar des Europarates, Nils Muiznieks, rief die türkischen Behörden auf, "unabhängige Beobachter" nach Cizre zu lassen.
Mitglieder der prokurdischen Partei HDP hatten am Donnerstag versucht, zu Fuß nach Cizre zu marschieren, wurden aber von den Sicherheitskräften gestoppt. Die Gruppe um HDP-Chef Selahattin Demirtas werde zu ihrem "eigenen Schutz" nicht in Stadt gelassen, sagte Innenminister Selami Altinok. Cizre sei dabei, "zum türkischen Kobane" zu werden, sagte Demirtas. "120.000 Menschen werden dort seit einer Woche als Geiseln genommen." Leichen von Jungen und Mädchen, die ins Kreuzfeuer geraten seien, dürften nicht beerdigt werden.
Kurden in Deutschland wollen wegen Cizre demonstrieren
Anhänger der PKK in Deutschland riefen zu Protestaktionen in der Bundesrepublik auf. Einem Aufruf der Föderation der Kurdischen Vereine in Deutschland, Nav-Dem, zufolge sind Aktionen von Kurden in Hamburg, Hagen, Mannheim und Offenburg geplant. Nav-Dem, laut Verfassungsschutz ein Dachverband von PKK-nahen Vereinen, kündigte für das Wochenende weitere Kundgebungen in Köln, Bonn, Düsseldorf und zwölf weiteren deutschen Städten an. Protestiert werde gegen die "Massaker" der türkischen Sicherheitskräfte in Cizre sowie gegen die Haltung der Bundesrepublik, die zum Vorgehen der türkischen Behörden schweige und kurdische Politiker in Haft nehme.
Seit dem Ende der Waffenruhe zwischen der Regierung und der PKK Ende Juli liefern sich Sicherheitskräfte und Anhänger der Rebellenbewegung täglich Gefechte. Die türkische Armee hat ihren Einsatz ausgeweitet, seit am Sonntag bei einem PKK-Anschlag 16 Soldaten starben. Ein Waffenstillstand zwischen beiden Seiten war schon im Juli gescheitert, seitdem wurden türkischen Angaben zufolge mehr als 100 Polizisten und Soldaten sowie rund 2000 PKK-Mitglieder getötet.
Quelle: ntv.de, nsc/AFP/rts