Mittlerweile acht Dörfer befreit Ukraine meldet kilometerweite Vorstöße im Süden
19.06.2023, 13:47 Uhr Artikel anhören
Seit Wochen läuft die Gegenoffensive der Ukraine, den Höhepunkt soll sie Experten zufolge noch nicht erreicht haben. Dabei meldet Kiew deutliche Fortschritte im Süden. Die Verluste sollen auf beiden Seiten hoch sein.
Die ukrainische Armee hat nach Angaben aus Kiew während ihrer seit zwei Wochen laufenden Gegenoffensive an einem stark abgesicherten Frontabschnitt im Süden des Landes mittlerweile acht Ortschaften zurückerobert. Die Soldaten seien in der Gegend zudem bis zu sieben Kilometer auf russisch besetztes Gebiet vorgestoßen, teilte die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar mit. Dabei hätten sie 113 Quadratkilometer Land unter ihre Kontrolle gebracht. Als achter Ort sei das Dorf Pjatychatky eingenommen worden.
Die Siedlung gilt als bedeutsam, da sie nur etwa 90 Kilometer von dem von Russland besetzten Küstenstreifen am Asowschen Meer entfernt liegt. Die russische Armee hat hier in den vergangenen Monaten erheblich aufgerüstet. Insgesamt zieht sich die Front auf einer Strecke von etwa 1000 Kilometern durch die Ukraine. Russland hält unterm Strich etwa 18 Prozent des ukrainischen Territoriums besetzt.
Bei den Kämpfen in jüngerer Zeit scheinen beide Kriegsparteien schwere Verluste erlitten zu haben. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben aus Moskau und Kiew nicht. Aus taktischen Gründen gab die Ukraine zuletzt nur wenige Einzelheiten zum Kampfgeschehen bekannt. Experten gehen davon aus, dass die Hauptphase der über Monate erwarteten Gegenoffensive noch nicht begonnen hat. Eine Region, auf die sich das ukrainische Militär konzentriert, ist Donezk im Osten. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, dass dort ein Versuch ukrainischer Truppen zur Rückeroberung des Orts Nowodonezke zurückgeschlagen worden sei.
Stärkung der Verhandlungsposition
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht derweil in einer erfolgreichen Gegenoffensive der Ukraine auch die Grundlage für eine starke Verhandlungsposition mit Russland. "Je mehr Land die Ukrainer in der Lage sind zu befreien, desto stärker werden sie dann am Verhandlungstisch sein können", sagte Stoltenberg in Berlin bei einer Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Er sagte: "Wir wollen alle, dass dieser Krieg endet. Aber ein gerechter Frieden kann nicht dazu führen, dass der Konflikt eingefroren wird und ein Diktat-Friede Russlands akzeptiert wird." Die NATO stehe an der Seite der Ukraine und unterstütze ihr Recht auf Selbstverteidigung, wie in der UN-Charta verankert.
Russland hat nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums damit begonnen, in den vergangenen zehn Tagen Soldaten zu verlegen, um für potenzielle Vorstöße der Ukrainer besser gewappnet zu sein. So seien vom Ostufer des Flusses Dnipro Truppen teilweise abgezogen worden, um Bereiche in Saporischschja und Bachmut zu verstärken.
Ukrainische Truppen treffen dort, speziell um die Stadt Bachmut herum, auf heftigen Widerstand. "Die Russen haben zusätzliche Einheiten dorthin verlagert und den Beschuss verstärkt", teilte Maljar mit. Dies spiegele mutmaßlich Russlands Einschätzung wider, dass ein größerer ukrainischer Angriff über den Fluss Dnipro nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms und den daraus resultierenden Überschwemmungen nun weniger wahrscheinlich sei.
Quelle: ntv.de, mba/rts/dpa