"Gasbrand" aus Weltkrieg bekanntUkrainer beklagen gefährliche Krankheit an der Front

Die massiven russischen Drohnen-Attacken verhindern die Evakuierung verwundeter Soldaten in der Ukraine. Dadurch entsteht Rettungskräften zufolge ein zusätzliches tödliches Risiko.
Ukrainische Sanitäter berichten laut der britischen Zeitung "Telegraph" von sogenannten Gasbrand-Erkrankungen bei verletzten Soldaten. Dabei handelt es sich um eine seltene, oft tödliche Infektionskrankheit, meist durch Bakterien verursacht. Tiefe Wunden stellen ein Risiko für eine Ansteckung mit der gewebszerstörenden Krankheit dar, an der im Ersten Weltkrieg viele Verwundete starben. Hintergrund der Infektionen an der Front in der Ukraine ist demnach, dass die russischen Drohnen-Angriffe eine Evakuierung fast unmöglich machen.
Ein ausländischer freiwilliger Sanitäter in der Region Saporischschja schilderte der Zeitung nie dagewesene Komplikationen bei Verletzungen: "Solche Verzögerungen bei der Evakuierung gab es in den letzten 50 Jahren noch nie - wahrscheinlich seit dem Zweiten Weltkrieg nicht, vielleicht sogar noch länger. Und wir sehen Krankheitsbilder, die wir noch nie zuvor gesehen haben."
Manche Verletzte werden nach Angaben des Sanitäters seit Wochen unterirdisch am Leben gehalten, "so gut es geht". Für eine angemessene medizinische Behandlung könnten Verwundete nicht schnell genug in ein Krankenhaus gebracht werden. Dabei sei die Genesung bei dieser schwer behandelbaren Krankheit selbst in einer Klinik nicht garantiert. Ohne Behandlung liege das Sterberisiko bei fast 100 Prozent, erklärte ein Dozent des King's College London dem "Telegraph".
"So viele schaffen es nicht"
Während im Ersten Weltkrieg noch zahlreiche verwundete Soldaten an Gasbrand gestorben waren, war während des Zweiten Weltkriegs das Sterberisiko durch Infektionen an der Front dank Antibiotika deutlich geringer, wie die Zeitung ausführt. Inzwischen erschweren laut dem zitierten Sanitäter Antibiotikaresistenzen die Behandlung.
Zudem sind die provisorischen Einrichtungen zur Versorgung in Kellern und Bunkern seinen Angaben nach schlecht für die Behandlung von Komplikationen, die zu Gasbrand führen, ausgestattet. Dort würden sogenannte Schadensbegrenzungsoperationen durchgeführt, sagte der Sanitäter. "Das bedeutet im Grunde genommen, dass sie in den ersten 24 bis 48 Stunden nur die unmittelbarsten, lebensbedrohlichen Verletzungen behandeln." Die Einrichtungen seien oft nicht steril.
"Wir sehen immer mehr Menschen mit Verletzungen, die überlebt werden sollten - zum Beispiel Amputationen oder Fälle, in denen jemand nur eine Bluttransfusion benötigt -, die vor Ort sterben", beklagt der Sanitäter. "So viele von ihnen können nicht rechtzeitig evakuiert werden und schaffen es einfach nicht."