Aufruf zum Völkermord toleriert? Uni-Präsidentin tritt nach Antisemitismus-Befragung zurück
10.12.2023, 01:38 Uhr Artikel anhören
Magill wurde erst im vergangenen Jahr Präsidentin der Universität von Pennsylvania.
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Drei Präsidentinnen von renommierten Hochschulen in den USA positionieren sich in einer Befragung vor dem US-Kongress nicht deutlich, was die Ablehnung von antisemitischer Hetze bei Demonstrationen angeht. Liz Magill, die der Universität von Pennsylvania vorsteht, tritt nun zurück.
In den USA ist die Präsidentin der Universität von Pennsylvania, Liz Magill, nach Antisemitismusvorwürfen zurückgetreten. Dies teilte Scott Bok, der Vorsitzende des Kuratoriums der Elite-Uni, mit. Die Präsidentin werde aber weiterhin als festes Fakultätsmitglied an der juristischen Fakultät der Universität tätig sein, so Bok. Magill, sowie zwei weitere Präsidentinnen von US-Spitzenuniversitäten, war zuvor von jüdischen Studenten, deren Familien und ehemaligen jüdischen Studenten eine antisemitische Haltung vorgeworfen worden. Sie sollen auf dem Campus antisemitische Äußerungen von pro-palästinensischen Demonstranten toleriert haben.
Magill war am Dienstag gemeinsam mit den Präsidentinnen von Harvard und des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in der Sache zu einer Anhörung im US-Kongress vorgeladen worden. Hintergrund waren antisemitische und islamophobe Vorfälle an den Einrichtungen seit dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober - die auch alle drei Präsidentinnen einräumten. Sie verteidigten sich aber gegen den Vorwurf, nicht genug gegen Antisemitismus auf dem Campus zu tun.
Für große Empörung sorgte vor allem eine Szene in dem von den Republikanern geführten Bildungsausschuss. Die Abgeordnete Elise Stefanik fragte die Präsidentinnen, ob der "Aufruf zum Völkermord an den Juden" an ihren Universitäten gegen Richtlinien zu Mobbing und Belästigung verstoße. "Das kann sein, abhängig vom Kontext", antwortete etwa Harvard-Präsidentin Claudine Gay. Auf die Aufforderung, mit "Ja" oder "Nein" zu antworteten, sagte Gay erneut, das hänge vom Kontext ab.
Bedauern und Entschuldigung bei anderen Präsidentinnen
Die anderen Präsidentinnen äußerten sich ähnlich. "Wenn das Reden in ein Verhalten übergeht, kann es sich um Belästigung handeln", sagte Magill - und fügte ebenfalls hinzu: "Es ist eine kontextabhängige Entscheidung". Später versuchte sich die Juristin zu erklären: Sie sagte, sie habe sich bei ihrer Antwort in der Anhörung auf die schon lange geltende Leitlinie ihrer Universität fixiert, die besage, dass das Reden allein nicht strafbar sei - so wie es auch in der Verfassung stehe.
In den Tagen nach dieser Aussage mehrten sich vor allem die Forderungen nach dem Rücktritt von Magill und Claudine Gay, die Präsidentin der Harvard University ist. Magill veröffentlichte am Mittwoch ein Video, in dem sie ihr Bedauern ausdrückte, Gay entschuldigte sich am Freitag. US-Medien zufolge sagte der Kuratoriumsvorsitzende Bok, Magill sei "kein bisschen Antisemitin". Er bedauerte aber ihre Befragungstaktik und beschrieb diese als falsch vorbereitet und zu legalistisch in einer Frage, die eine moralische Antwort erfordert hätte.
Quelle: ntv.de, mpe/rts/dpa