Keine Todesopfer bestätigt "Vergeltungsschlag" von Kreml offenbar nur erfunden
09.01.2023, 08:53 Uhr Artikel anhören
Tiefe Krater zeigen die Luftangriffe in der ostukrainischen Stadt Kramatorsk.
(Foto: REUTERS)
Bei einem Luftangriff auf zwei Kasernen in Kramatorsk sollen dem russischen Verteidigungsministerium zufolge mehrere Hundert ukrainische Soldaten getötet worden sein. Die Opferzahlen konnten jedoch nicht bestätigt werden, berichtet ntv-Reporter Gordian Fritz vor Ort. Auch andere Journalisten lassen starke Zweifel an der Darstellung des Kreml aufkommen.
Die Angaben des russischen Verteidigungsministeriums über den gemeldeten "Vergeltungsschlag" auf zwei Kasernen im ostukrainischen Kramatorsk, bei dem "mehr als 600 ukrainische Soldaten getötet" wurden, sind offenbar falsch, berichtet ntv-Reporter Gordian Fritz. Noch am selben Tag besuchte er mehrere Angriffsorte in Kramatorsk und habe keine Hinweise auf Todesopfer finden können. Das bestätigten zudem Polizei und Rettungskräfte vor Ort. Die Angaben des russischen Verteidigungsministeriums entsprechen auch laut Analysten der US-Denkfabrik Institute for the Study of War nicht der Wahrheit.
Andere Journalisten äußerten ähnliche Einschätzungen. Ein Reporter aus Finnland habe den mutmaßlichen Angriffsort einer Kaserne besucht und festgestellt, dass eine leere Schule, nicht ein ukrainischer Stützpunkt getroffen wurde. Der italienische Journalist Daniele Raineri besuchte zudem die andere angeblich getroffene Kaserne und sprach anschließend von einem "Fehlschlag". Demnach hatte die Rakete ihr Ziel verfehlt und einen Krater im Boden hinterlassen, aber keine umliegenden Gebäude beschädigt, schreibt er auf Twitter. Dazu postet er ein Foto von der Stelle des Einschlags.
Auch ein Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters sagte, dass es derzeit keine Anzeichen für hohe ukrainische Verluste in Kramatorsk gebe. Es seien Schäden entstanden, aber zerstörte Gebäude oder Anzeichen für Tote seien nicht zu sehen, so der Reuters-Reporter.
Kurz nach Mitternacht seien sieben Explosionen in der Stadt zu hören gewesen, berichtet ntv-Reporter Fritz. Etwa 20-30 Minuten haben die Angriffe demnach angedauert. Die angebliche Zahl von 600 Todesopfern werde in der Ukraine als "Propaganda" bezeichnet, so Fritz.
Der angebliche "Vergeltungsschlag" war eine Reaktion auf den Angriff in der Silvesternacht in der ostukrainischen Kleinstadt Makijiwka, bei dem laut Kreml 89 russische Soldaten getötet wurden. Die Ukraine sprach gar von 400 getöteten Soldaten. In Russland sorgte der Fall für Kritik an der eigenen Führung.
Der Gouverneur von Donezk, Pawlo Kirilenko, hatte am Sonntag in seinem Telegram-Kanal geschrieben: "Nach Mitternacht hat der Feind sieben Raketenangriffe auf Kramatorsk und zwei auf Kostjantyniwka gestartet". AFP-Journalisten in Kramatorsk berichteten von mindestens vier Explosionen, die zu hören gewesen seien.
Quelle: ntv.de, vmi/dpa