Politik

Nahles gegen Lange Vor dem Frauen-Duell rumort es in der SPD

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(Foto: imago/Christian Ditsch)

In Wiesbaden treten mit Andrea Nahles und Simone Lange erstmals zwei Frauen für den SPD-Vorsitz in einer Kampfkandidatur gegeneinander an. Die Stimmung zwischen den beiden Lagern ist vor dem Parteitag angespannt. Sogar von Lügen ist die Rede.

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles will auf dem Bundesparteitag in Wiesbaden die erste Vorsitzende in der 155-jährigen Geschichte der Sozialdemokraten werden. Doch die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange will das verhindern und sich als neues Gesicht der SPD Erneuerung den Delegierten präsentieren. Vor der Wahl zum Vorsitzenden sind die Seiten verhärtet.

Lange fordert einen von der Großen Koalition unbelasteten Neuanfang. Die SPD habe in den letzten Jahren so viele Wahlen verloren, "weil sie ihre Arbeit immer über die Große Koalition definiert hat", sagte die Flensburger Oberbürgermeisterin. "Es gab immer eine Personalunion zwischen Regierungsbeteiligten und Parteivorsitzendem. Wir müssen das trennen, wir müssen der Partei ein Stück weit einen eigenen Kopf geben, der weder an Fraktion noch Regierung beteiligt ist", betonte Lange. Als erstes Projekt wolle sie im Falle einer Wahl zur Parteivorsitzenden eine "180-Grad-Kehrtwende" bei den Reformen der Agenda 2010 und Hartz IV einleiten. "Wir müssen wegkommen vom Sanktionieren, hin zu einem System, das neue Anreize schafft." Doch das Engagement von Lange wird auch kritisch gesehen.   

"Wiederholt gelogen"

Am Rande der Vorstellung von Nahles und Lange im Vorstand am Samstag vor dem Sonderparteitag wurden von beiden Seiten Vorwürfe erhoben. Aus der SPD-Spitze hieß es, Lange habe wiederholt gelogen, etwa bei Vorwürfen, sie werde bewusst benachteiligt bei der Vorstellung ihrer Kandidatur. Schließlich wurde beschlossen, dass sich beide 30 Minuten lang den 600 Delegierten vorstellen dürfen, Lange wird dabei als Erste reden.

Lange versuche einen Konflikt, "die da oben, wir da unten" zu inszenieren und neue Unruhe zu schaffen. Mit Spannung wurde das Wahlergebnis erwartet - als Ziel für Nahles wurden intern 75 Prozent plus X genannt - sie ist bisher durch ihre mitunter polarisierende, den Konflikt nicht scheuende Art ohnehin kein Parteiliebling - auch bei den Bürgern. 2007 erzielte sie mit 74,8 Prozent bei der Wahl zur stellvertretenden Vorsitzenden ihr bislang bestes Ergebnis.

Nahles zwischen Erneuerung und Regierungsarbeit

Nahles hat einen umfassenden Erneuerungsprozess versprochen, parallel zur Regierungsarbeit in der Großen Koalition. Die Parteispitze erhofft sich ein Aufbruchsignal. Von dem Delegiertentreffen müsse ein Startsignal ausgehen, "dass wir mit Volldampf in die Erneuerung gehen", hatte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin und Vize-Vorsitzende, Malu Dreyer, gesagt. SPD-Vize Manuela Schwesig sagte: "Die SPD muss wieder stärker werden auf Bundesebene. Wir können uns mit den derzeitigen Umfragen nicht zufriedengeben."

Andrea Nahles weiß als gut vernetzte Parteifunktionärin einen großen Teil der Delegierten und der Führungsriege hinter sich. Allerdings haben auch einige Schwierigkeiten mit ihrer Personalie. Juso-Vorsitzender Kevin Kühnert beispielsweise sagte, dass er sie wählen werde, aber Nahles auch "auf den ersten Blick" und "auf den zweiten Blicke kein neues Gesicht" sei. Kühnert stelle sich aber "Erneuerung auch nicht so vor, dass wir ein neues Gesicht an die Parteispitze stellen und damit der Hauptteil schon erledigt ist", erklärte er und ergänzte: "Wir haben immer betont, dass wir die programmatische Erneuerung für das absolute Herzstück halten."

"Nach oben gibt es als Frau kein Limit"

Nahles selbst sieht in der Wahl der ersten Frau an die Spitze der Partei ein wichtiges gesellschaftliches Zeichen. "Die Bedeutung liegt in der Ermutigung", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Jede Frau, die in die SPD eintrete, könne nun sehen, dass es nach oben "kein Limit" gebe.

Offiziell haben mehr als 80 SPD Ortsvereine ihre Unterstüzung für Gegenkandidatin Simone Lange angemeldet. Wie viele es dann auf dem Parteitag sein werden, ist aber noch unklar und macht das Duell für viele in der Partei umso spannender. Ein hohes Ergebnis für Lange könnte Nahles wehtun und ihren Start als mögliche Bundesvorsitzende belasten.

Es ist nach einem turbulenten Jahr der fünfte SPD-Parteitag in 13 Monaten. Nach dem unter großen Bauchschmerzen erfolgten Eintritt in die Große Koalition war der umstrittene Vorsitzende Schulz zurückgetreten, kommissarisch übernahm SPD-Vize Olaf Scholz das Amt. Bundesfinanzminister Olaf Scholz zeigte sich nach den Gremiensitzungen mit Blick auf die erstmalige Wahl einer Frau an die Parteispitze überzeugt, dass die SPD vor einem "ganz wichtigen und ganz bedeutenden Parteitag" stehe. Zu der erwarteten Wahl von Nahles sagte er, es sei hilfreich, dass Partei und Fraktion dann in einer Hand seien. Er selbst sei froh, dass seine Zeit als kommissarischer SPD-Vorsitzender nun ende.

Quelle: ntv.de, sgu/AFP/dpa

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