Vorgehen "nicht akzeptabel" Merz fordert Feuerpause und humanitäre Hilfe in Gaza
18.07.2025, 12:03 Uhr Artikel anhören
Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist katastrophal.
(Foto: IMAGO/Anadolu Agency)
Auch der Nahe Osten ist Thema auf der Sommerpressekonferenz des Kanzlers. Merz übt erneut scharfe Kritik an der Lage im Gazastreifen. Diese sei "nicht mehr akzeptabel". Eine "bedingungslose" Unterstützung Israels lehnt er ab.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat deutliche Kritik am israelischen Vorgehen im Gazastreifen geübt. "Die Vorgänge im Gazastreifen sind für uns nicht mehr akzeptabel. Wir drängen darauf, dass es eine Feuerpause und eine umfassende humanitäre Hilfe für die Menschen in der Region gibt", sagte er auf seiner Sommerpressekonferenz in Berlin. "Es ist klar, wo wir stehen", sagte Merz. "Aber wir sehen auch das Leid der palästinensischen Bevölkerung und versuchen auch hier, alles zu tun, um mögliche humanitäre Hilfe zu leisten."
In einem anschließenden Telefonat mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu äußerte Merz die "Hoffnung auf einen baldigen Waffenstillstand", wie Regierungssprecher Stefan Kornelius später erklärte. Merz habe gegenüber Netanjahu zudem unterstrichen, "dass die dringend notwendige humanitäre Hilfe jetzt auf sichere und menschenwürdige Weise die Menschen im Gazastreifen erreichen müsse", hieß es weiter.
"Ich habe mir den Begriff bedingungslose Unterstützung nie zu eigen gemacht", sagte Merz in der Pressekonferenz mit Blick auf den Staat Israel. Er betonte, dass er in regelmäßigem Kontakt zu Netanjahu stehe. Auf EU-Ebene stimme man sich eng zu dem Thema ab. Auch mit dem britischen Premier Keir Starmer habe er darüber gesprochen. "Wir wollen dem Land helfen, aber wir sagen auch klar und deutlich, was nicht akzeptabel ist. Das, was dort zurzeit passiert, ist nicht akzeptabel."
Der Krieg im Gazastreifen wurde durch einen Großangriff der Hamas und verbündeter Terrorgruppen auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst. Dabei starben mehr als 1200 Menschen. Mehr als 250 Menschen wurden als Geiseln verschleppt - 49 von ihnen werden noch immer festgehalten. Israel geht seitdem massiv militärisch in Gaza vor. Dabei starben Zehntausende Menschen, darunter viele Zivilisten. Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist verheerend, was zunehmend auch Israels Verbündete kritisieren. Ein Großteil der Gebäude im Gazastreifen ist zerstört.
"Leisten vor allem humanitäre Hilfe"
Allerdings verwies der CDU-Chef auch auf die Grenzen des eigenen Einflusses. Außer Gespräche zu führen und Hilfe an Bedingungen zu knüpfen, könne Deutschland "im Augenblick nicht viel tun". "Wir leisten vor allem humanitäre Hilfe", sagte Merz. Man sei bereit, im Gazastreifen mehr zu tun, "aber das setzt voraus, dass die israelische Regierung dies auch ermöglicht".
Kritik übte Merz auch an der israelischen Siedlungspolitik im Westjordanland. Diese finde nicht die Zustimmung der Bundesregierung. "Wir haben hier eine sehr klare Meinung", so der Kanzler. Im Telefonat mit Netanjahu habe der CDU-Politiker unterstrichen, "dass es keine Schritte zu einer Annexion des Westjordanlandes geben dürfe", erklärte sein Sprecher Kornelius.
Merz sprach sich gegenüber Netanjahu auch dafür aus, dass für den Gazastreifen "eine tragfähige Nachkriegsordnung" gefunden werden müsse, "die israelischen Sicherheitsbedürfnissen und dem palästinensischen Recht auf Selbstbestimmung Rechnung trage", wie Kornelius weiter erklärte. Eine Entwaffnung der radikalislamischen Hamas sei zwingend notwendig, sagte der Kanzler demnach weiter. Zudem habe Merz die umgehende Freilassung "aller verbliebenen Geiseln der Hamas einschließlich derjenigen mit deutscher Staatsangehörigkeit" gefordert.
In der Sommerpressekonferenz bekräftigte Merz zudem, dass er eine Suspendierung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel ablehne. Auch andere EU-Staaten seien dieser Meinung. Angesprochen auf Sanktionen, machte Merz klar, dass er "fundamentale Unterschiede" zwischen dem Nahost-Konflikt und dem Krieg in der Ukraine sehe. Im Gegensatz zu Russland sei Israel immer noch eine Demokratie. Zudem sei das Land, anders als Russland, angegriffen worden. "Israel setzt sich dagegen zur Wehr. Wenn sie das nicht getan hätten, gäbe es den Staat Israel nicht mehr. Das unterscheidet Israel fundamental vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine", so Merz.
Quelle: ntv.de, mli/AFP