Cyber-Sicherheitsrat Deutschland FSB-Kontakte? Faeser will BSI-Chef Schönbohm loswerden
11.10.2022, 11:04 Uhr
Seit 2016 Präsident im BSI: Arne Schönbohm.
(Foto: imago images/Jürgen Heinrich)
BSI-Chef Arne Schönbohm hat das Vertrauen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser verloren. Dem 53-Jährigen werden die Kontakte des von ihm gegründeten Cyber-Sicherheitsvereins zu Russland zum Verhängnis.
Der wegen seiner angeblichen Kontakte zu russischen Geheimdienstkreisen in die Kritik geratene Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnologe (BSI), Arne Schönbohm, wird abgelöst. Es solle ein zeitnaher Wechsel im Amt des BSI-Präsidenten erfolgen, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Regierungskreisen. Einem Bericht zufolge soll Schönbohm Kontakte zu einem Verein mit dem Namen "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland" pflegen, der mit russischen Geheimdienstkreisen in Verbindung stehen soll.
Zuvor war bereits Bundesinnenministerin Nancy Faeser von Schönbohm abgerückt. Am Montagmorgen wurde der seit vielen Wochen geplante gemeinsame Auftritt von Faeser und Schönbohm zur Vorstellung des jährlichen BSI-Jahresberichtes vor der Bundespressekonferenz gestrichen.
Faeser ist nach dpa-Informationen darüber verärgert, dass der BSI-Chef weiterhin Kontakte zu "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland" hat, den er vor zehn Jahren selbst mitgegründet und geleitet hatte, der zuletzt aber wegen Verbindungen zu russischen Geheimdiensten ins Kreuzfeuer der Kritik geriet. Die Verbindung von Schönbohm zu dem umstrittenen Verein war zuvor von Jan Böhmermann in der Sendung "ZDF Magazin Royale" thematisiert worden. Ein Sprecher erklärte, das Innenministerium gehe den Sachverhalten nach und prüfe diese genau. "Alle Optionen werden geprüft - und wie mit der aktuellen Situation umgegangen werden soll."
Aus Kreisen verlautete, Schönbohms Besuch beim Jubiläum des Vereins vor einigen Wochen habe demnach das Fass zum Überlaufen gebracht. Das Bundesinnenministerium war allerdings nach einem Bericht des Portals "Business Insider" über die Festrede Schönbohms bei dem Verein informiert worden. Demnach genehmigte Faesers Staatssekretär Markus Richter den Vortrag auf Bitten von Schönbohm am 24. August. In den Blickpunkt gerät nun auch immer stärker die Berliner Cybersecurity-Firma Protelion, die Mitglied im "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V." ist.
Das Unternehmen firmierte bis Ende März unter dem Namen Infotecs GmbH. Dabei handelt es sich um ein Tochterunternehmen der russischen Cybersecurityfirma O.A.O.Infotecs, die nach Informationen des Recherchenetzwerks Policy Network Analytics von einem ehemaligen Mitarbeiter des russischen Nachrichtendienstes KGB gegründet wurde, der von Russlands Präsident Wladimir Putin für sein Wirken mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet wurde.
Auch Protelion in der Kritik
Protelion war bislang auch Mitglied im Bundesverband für den Schutz kritischer Infrastrukturen (BSKI). Der Verband erklärte nun, man habe sich entschieden, die Mitgliedschaft des Unternehmens Protelion vorerst ruhen zu lassen. Dabei verwies der Verband auf den Bericht des "ZDF Magazin Royale". "Bis zur vollständigen Klärung der Vorwürfe gegen das Unternehmen Protelion setzen wir die Mitgliedschaft aus", erklärte BSKI-Vorsitzender Holger Berens. "Die Vorwürfe sind ungeheuerlich, und sollten sie sich bestätigen, werden wir weitere Maßnahmen ergreifen müssen."
Die Verbindungen von Protelion nach Russland waren vor dem Bericht von Böhmermann bereits vor Monaten in Fachpublikationen bekannt geworden. Im Januar berichteten die "Forensic News" über Vorbehalte gegenüber Infotecs in den USA, also zu einem Zeitpunkt, als Protelion in Deutschland noch unter dem Namen Infotecs firmierte. Das Fach-Portal "Intelligence Online" wies nach der Umbenennung der Firma auf die problematischen Querverbindungen nach Russland hin.
Quelle: ntv.de, mba/AFP/dpa