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Fahnenflucht und hohe Verluste Weitere neue Brigade der Ukraine zerfällt an der Front

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Ukrainische Soldaten während einer Übung bei Pokrowsk.

Ukrainische Soldaten während einer Übung bei Pokrowsk.

(Foto: REUTERS)

Um die Lage bei Pokrowsk zu stärken, verlegt die Ukraine neu aufgestellte Verbände an den Brennpunkt der Front. Doch nach der 155. Brigade erweist sich auch die 157. mechanisierte Brigade als nicht tauglich. Die Militärführung reagiert.

Nach Berichten über hohe Desertionsraten, fehlende Ausrüstung und mangelhafte Ausbildung bei der 155. mechanisierten Brigade der Ukraine gerät nun eine weitere Formation ins Blickfeld. Recherchen zufolge gibt es auch bei der frisch formierten 157. mechanisierten Brigade erhebliche Mängel. Das US-Magazin "Forbes" meldete, der unerfahrene Verband habe bei ersten Kämpfen an der Front schwere Ausfälle erlitten. Die Rede ist von Verlusten in Höhe von 40 Prozent der Personalstärke. Soldaten der Einheit hätten beim Blick auf ihre Schützengräben sofort ihre Stellungen verlassen. Die Militärführung habe daraufhin einzelne Kompanien und Bataillone ausgegliedert und zu erfahrenen Einheiten im selben Sektor verlegt.

"Diese neu gebildete Brigade hat nicht die notwendige Kampfausbildung durchlaufen, wurde aber sofort in die gefährlichsten Gegenden, Pokrowsk und Kurachowe, verlegt", sagte die Ehefrau eines vermissten Soldaten der 157. Brigade gegenüber dem ukrainischen Online-Portal Hromadske. Ein Angehöriger der Einheit gab zu Protokoll: "Ich sollte eigentlich die Bedienung von Panzerabwehrraketensysteme lernen. Wir hatten die Grundausbildung abgeschlossen und warteten auf die Spezialausbildung. Stattdessen wurden wir nach Pokrowsk geschickt und viele von uns an die Front. Einige weigerten sich sofort und gaben ihre Waffen ab."

Kommandeur räumt Probleme ein

Gegenüber Hromadske räumte Brigadekommandeur Oberst Petro Chub Probleme ein. Berichte über Verluste von bis zu 40 Prozent wies er aber zurück. Es habe festgelegte Zeitpläne und individuelle Schulungen für fast das gesamte Personal gegeben, erklärte der Offizier. "Leider wurde uns keine Zeit für die kollektive Ausbildung gegeben."

Für die vielen Desertionen machte Chub die geringe Motivation der Mobilisierten und die Zersplitterung der Einheit verantwortlich. Während der Bildung der Brigade seien Befehle von höheren Hauptquartieren gekommen, Personal zu anderen Einheiten zu versetzen. Zu dieser Zeit hätten Angehörige der Brigade bereits kleine Teams und Gruppen gebildet, in denen sie starke Bindungen aufgebaut hätten. "Und dann kamen sie und versetzten sie in völlig andere Einheiten", so Chub. Einige Soldaten seien viermal zu anderen Einheiten versetzt worden.

Laut einem weiteren Offizier der Brigade besteht das Hauptproblem darin, dass die Einheit ausschließlich aus mobilisierten Zivilisten besteht. "Wir brauchen mindestens eine Kompanie Soldaten mit Kampferfahrung, damit die neuen Rekruten etwas von ihnen lernen können", fügte der Offizier hinzu und kritisierte auch den Mobilisierungsprozess. Viele Rekruten seien in Hausschuhen bei der Brigade angekommen, andere seien berauscht gewesen oder aufgrund von Epilepsie zusammengebrochen.

Bildung neuer Brigaden ausgesetzt

Die 157. Brigade ist eine von acht Brigaden, die von 2023 bis Anfang 2024 aufgestellt wurden und ab Ende letzten Jahres an der Front eintrafen. Die Verbände sind laut dem US-Magazin "Forbes" oftmals größer als andere ukrainische Brigaden, die normalerweise etwa 2000 Mann umfassen. Allerdings seien ihre Kommandeure unerfahren, es gebe wenige moderne Panzerfahrzeuge und die Moral sei häufig schlecht.

Die Geschichte der 157. Brigade ähnelt jener der 155. Brigade. Auch dort wurden Soldaten während der Formierungsphase abgezogen. Die Brigade wurde laut Berichten hastig an die Front geschickt und ohne angemessenes Training eingesetzt. Mittlerweile hat die Führung in Kiew auf die Missstände reagiert. Eine Arbeitsgruppe des Generalstabs ist für eine Analyse derzeit in der 156. Brigade aktiv, in der bei einer Überprüfung ebenfalls Mängel festgestellt wurden. Präsident Wolodymyr Selenskyj soll die Bildung neuer Brigaden laut einem Medienbericht vorerst ausgesetzt haben.

Quelle: ntv.de, jpe

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