Politik

"Anne Will" zur Zukunft der EU Wie europäisch wollen wir regiert werden?

"Europa vor der Wahl – mehr EU oder mehr Nationalstaat?" lautete das Thema bei "Anne Will.

"Europa vor der Wahl – mehr EU oder mehr Nationalstaat?" lautete das Thema bei "Anne Will.

(Foto: NDR/Dietmar Gust)

Vom 23. bis zum 26. Mai dürfen rund 400 Millionen EU-Bürger über die Zukunft der EU abstimmen: Die kommende Europawahl wird spannend wie selten zuvor. Die Runde bei "Anne Will" spiegelt die Zerrissenheit der politischen Landschaft wider.

Die Europäische Union, das ist für viele ein unnahbarer Bürokratieapparat, der sich vor allem mit der zulässigen Krümmung von Salatgurken auseinandersetzt, seine Bürger unnötig gängelt und sonst nicht viel bewegt. Für den französischen Präsidenten ist die EU dagegen viel mehr als das: In einem dramatischen Appell wandte sich Emmanuel Macron vergangene Woche an die rund 500 Millionen EU-Bürger und warnte davor, dass Europa Gefahr laufe, zu zerbrechen. Ob sich die Menschen bei der Europawahl für mehr EU oder mehr Nationalstaat entscheiden wird sich erst Ende Mai zeigen - bereits jetzt will Anne Will in ihrer gleichnamigen Sendung aber wissen, in welche Richtung die Reise geht.

Zu Gast im Studio sind am Sonntagabend der EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU), der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis, die stellvertretende AfD-Vorsitzende Beatrix von Storch, FDP-Chef Christian Lindner sowie die Londoner "SZ"-Korrespondentin Cathrin Kahlweit.

"Seit ich Europapolitik mache, höre ich immer nur von Problemen und Krisenmanagement", hebt Manfred Weber an und entkräftet Macrons Appell: "Dabei glaube ich, wir sehen manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht: Wir leben im besten Europa, dass es jemals gab. Ein friedliches Europa, eines, in dem Wohlstand herrscht." Das findet Yanis Varoufakis ganz und gar nicht: "Wir brauchen ein besseres Europa und nicht noch mehr von diesem Scheineuropa."

"Was sollen denn die Bremer sagen?"

Der Grieche, der bei der Europawahl kurioserweise für die deutsche Liste "Demokratie in Europa" antritt, geht grundsätzlich mit Macrons Forderungen konform - und glaubt, dass sie wegen des einflussreichsten europäischen Nationalstaats nicht schon viel früher umgesetzt werden konnten: "Macrons Agenda ist tot, weil das politische Establishment in Deutschland sie abgestochen hat. […] Deutschland hat Macron zu Tode umarmt."

Die Talkrunde befasst sich lange Zeit recht allgemein mit Macron und der EU, erst Christian Lindner wird schließlich etwas konkreter: "Natürlich lehnen wir die Vergemeinschaftung von Schulden (wie von Macron gefordert, Anm. d. Red.) ab. Wenn die Freunde von Frau Storch in Italien munter Geld verprassen, dann darf das nicht auf dem Rücken der deutschen Steuerzahler passieren." Die AfD-Politikerin wirft dem FDP-Vorsitzenden zwar einen bitterbösen Blick zu, kann darauf aber nichts Substantielles antworten.

Ohnehin wirkt von Storch die meiste Zeit ungewohnt abwesend und findet erst spät in die Diskussion herein. Dann aber ausgerechnet mit einem merkwürdigen Statement: "Unser konstruktiver Beitrag (zur Rettung von Europa, Anm. d. Red.) ist, wie Demokratie geht und wie nicht: Wir können nur 96 von 750 Abgeordneten wählen, das geht doch nicht", sagt von Storch. Die Zahl der Abgeordneten pro Land entscheidet sich allerdings nach der Einwohnerzahl, weshalb Lindner auch süffisant einwirft: "Was sollen denn die Bremer sagen? Von ungefähr 700 Abgeordneten stellen die vielleicht 5 im Bundestag (es sind 6 Bremer bei 709 Abgeordneten, Anm. d. Red.), und trotzdem trifft der Bundestag Entscheidungen, die auch in Bremen gültig sind." Die einzigen Lacher der Sendung hat der FDP-Mann damit auf seiner Seite.

Orban ins Visier nehmen

Später befasst sich die Talkrunde noch mit Viktor Orban. Der ungarische Ministerpräsident ist nicht erst seit gestern dabei, sein Land in Richtung Diktatur zu führen - und ist trotzdem noch Mitglied bei den europäischen Konservativen. "Warum hat es zehn Jahre gedauert, um Orban ins Visier zu nehmen?", will Cathrin Kahlweit wissen. Die Journalistin appelliert an EVP-Spitzenkandidat Weber, den ungarischen Ministerpräsidentin endlich auszuschließen: "Der Ausschluss aus der EVP mag symbolisch sein, aber er hätte trotzdem schon viel früher kommen müssen." Immerhin, soviel lässt Weber durchblicken, könnte er noch vor der Wahl stattfinden. Ob das einen Mann wie Orban stört steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt.

Quelle: ntv.de

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