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"Auf Russland fixiert" Wofür steht der IS-Ableger Khorasan?

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Fahne der Terrormiliz Islamischer Staat.

Fahne der Terrormiliz Islamischer Staat.

(Foto: REUTERS)

Bei einem Terroranschlag auf eine Konzerthalle am Rande Moskaus kommen mehr als 130 Menschen ums Leben. Der IS-Ableger Khorasan bekennt sich zu dem Blutbad. Laut einem Experten hat sich die Terrorgruppe schon vor einer Weile auf Russland fixiert.

Die US-Geheimdienste stufen die Bekennerschreiben eines Ablegers der Extremisten-Miliz Islamischer Staat (IS) für den Anschlag auf die Crocus City Hall am Rande von Moskau als echt ein. Die IS-Miliz bekräftigte, hinter dem Anschlag zu stecken, bei dem nach Angaben der Behörden mehr als 130 Menschen getötet wurden. Sie veröffentlichte ein Foto, das die vier Attentäter zeigen soll.

Der Anschlag stehe im Zusammenhang mit dem "Krieg" zwischen dem Islamischen Staat und den Ländern, die den Islam bekämpften, teilte die Nachrichtenagentur Amak, das Sprachrohr der IS-Miliz, auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Als verantwortlich zeigt sich der Islamische Staat Khorasan (ISIS-K). Erst vor zwei Wochen hatte die US-Botschaft Russland gewarnt, dass Extremisten an Plänen für einen unmittelbar bevorstehenden Anschlag arbeiteten. Doch wofür kämpft die Terrorgruppe?

Verfeindet mit den Taliban

Der Islamische Staat Khorasan, benannt nach einer alten Bezeichnung für die Region, die Teile des Iran, Turkmenistans und Afghanistans umfasste, tauchte erstmals Ende 2014 im Osten Afghanistans auf. Schnell wurde die Gruppe wegen ihrer extremen Brutalität berüchtigt. Sie ist mit den in Afghanistan herrschenden radikal-islamischen Taliban verfeindet, denen sie vorwirft, eine zu moderate Version des Islam zu vertreten. Viele ehemalige Taliban-Kämpfer haben sich US-Geheimdiensten zufolge der noch radikaleren Gruppe angeschlossen. ISIS-K strebt ein Kalifat in Afghanistan, Pakistan, Turkmenistan, Tadschikistan, Usbekistan und Iran an.

Als einer der aktivsten regionalen IS-Ableger hatte ISIS-K 2018 den Höhepunkt seiner Stärke erreicht. Seitdem hat die Extremisten-Gruppe einen Rückgang der Mitgliederzahlen zu verzeichnen. Auch weil die Taliban und die US-Streitkräfte ihr schwere Verluste zufügten. Allerdings haben die Vereinigten Staaten auch erklärt, dass sie seit dem Abzug der US-Truppen aus Afghanistan im Jahr 2021 weniger in der Lage sind, nachrichtendienstliche Erkenntnisse über dortige Extremisten-Gruppen wie ISIS-K zu gewinnen.

FSB: Anschlag auf Synagoge in Moskau verhindert

ISIS-K hat in der Vergangenheit in Afghanistan aber auch außerhalb Anschläge verübt, auch auf Moscheen. Anfang dieses Jahres fingen die USA Nachrichten ab, die bestätigten, dass die Gruppe hinter einem verheerenden Bombenanschlag im Iran steckte. Bei dem Selbstmordanschlag auf eine Gedenkveranstaltung zu Ehren des vor vier Jahren getöteten Generals Kassem Soleimani in der Stadt Kerman wurden fast 100 Menschen getötet. Erst vor zwei Wochen hatte der russische Inlandsgeheimdienst FSB erklärt, er habe einen Anschlag von ISIS-K auf eine Moskauer Synagoge vereitelt.

Russland hatte sich 2015 in den syrischen Bürgerkrieg eingeschaltet, um Präsident Baschar al-Assad gegen die Opposition, aber auch gegen die IS-Miliz zu unterstützen. Sollte sich bewahrheiten, dass der Moskauer Anschlag von Freitag auf das Konto von ISIS-K geht, wäre das zwar eine dramatische Eskalation. Doch Experten zufolge hat sich die Extremisten-Gruppe bereits in den vergangenen Jahren verstärkt gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin gestellt. "ISIS-K hat sich in den vergangenen zwei Jahren auf Russland fixiert und ist Putin in ihrer Propaganda häufig angegangen", sagt Colin Clarke vom Soufan Center, einer Forschungsgruppe aus New York.

Michael Kugelman vom Wilson Center in Washington verweist darauf, dass ISIS-K "Russland als Komplize bei Aktivitäten sieht, die regelmäßig Muslime unterdrücken". Die Gruppe zähle zudem auch eine Reihe von Kämpfern aus muslimisch geprägten Staaten in Zentralasien wie den Ex-Sowjetrepubliken Tadschikistan und Usbekistan zu ihren Mitgliedern, die ihre eigenen Ressentiments gegenüber der Führung in Moskau hätten. Einem russischen Abgeordneten zufolge sollen in dem Fluchtauto der mutmaßlichen Attentäter Pässe aus Tadschikistan gefunden worden sein.

Quelle: ntv.de, jpe/rts

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