Problem oder Lösung Wulff fordert religiöse Toleranz
11.12.2011, 12:22 Uhr
Bundespräsident Wulff unterhält sich mit der Frau des Emirs von Katar, Scheicha Moza bint Nasser.
(Foto: dpa)
Es ist die wichtigste Rede des Bundespräsidenten auf seiner sechstägigen Reise in die Golfregion. Der Westen und die islamische Welt müssen sich endlich als Schicksalsgemeinschaft begreifen, lautet seine Mahnung zum Frieden.
Bundespräsident Christian Wulff hat Muslime und Christen ungeachtet aller religiösen und kulturellen Unterschiede zum gemeinsamen Einsatz für mehr Frieden und Gerechtigkeit aufgerufen. "Jeder sollte sich fragen, ob er Teil der Lösung sein kann oder einen Teil des Problems darstellt", sagte Wulff auf der Konferenz "Allianz der Zivilisationen" in Doha im Golfemirat Katar. Er zähle dabei "auf Kooperation statt Konfrontation".
Das Forum unter dem Dach der Vereinten Nationen strebt eine bessere Verständigung zwischen der westlichen und der islamischen Welt an.
"Menschen bilden Schicksalsgemeinschaft"
Wulff rief die Religionsführer auf, deutlich ihre Stimme zu erheben, wenn der Glaube als Vorwand von Konflikten missbraucht werde. Sie sollten sich auf den gemeinsamen Auftrag besinnen, die Schöpfung zu achten und die Würde aller Menschen zu verteidigen. "Ich arbeite aber dafür, dass sich mehr und mehr das Bewusstsein durchsetzt, eine Weltgemeinschaft, ja eine Schicksalsgemeinschaft zu sein."
Die Ansprache auf dem Kongress war die wichtigste politische Rede Wulffs auf seiner bis Dienstag dauernden sechstägigen Reise in die Golfregion.
Ärger um Al-Baschir
Der Auftritt des Bundespräsidenten in Doha war bis kurz vor Beginn der Tagung unsicher. Am Samstag hatte er gedroht, er werde absagen, wenn der wegen Menschenrechtsverletzungen international gesuchte sudanesische Präsident Omar al-Baschir teilnehme. Er werde nicht bei einer Konferenz sein, "bei der wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit steckbrieflich gesuchte Staatsoberhäupter teilnehmen".
Ohne Al-Baschir beim Namen zu nennen sagte Wulff, der von ihm geforderte Dialog der Kulturen und Religionen habe aber dann seine Grenzen, wenn es um schwere Verstöße gegen die Menschenrechte gehe.
Der Internationale Strafgerichtshof hatte gegen Al-Baschir 2009 einen internationalen Haftbefehl wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der westsudanesischen Konfliktregion Darfur erwirkt. Mitte 2010 wurde der Haftbefehl um den Tatbestand des Völkermords erweitert. Es geht um Verbrechen in den Jahren 2003/2004. Die Einwohnerschaft ganzer Dörfer sei ermordet, vier Millionen Menschen seien in die Flucht getrieben worden.
Erdogan setzt Israel und Syrien gleich
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, der in Doha per Videobotschaft zugeschaltet war, übte scharfe Kritik an Israel und Syrien und forderte ein Ende des "Staatsterrorismus" im Nahen Osten. Solange im Gazastreifen unschuldige Menschen bombardiert würden, könne kein Frieden gefunden werden. Auch könne es keinen Frieden geben, solange eine Regierung auf die eigene Bevölkerung schieße, sagte der türkische Regierungschef mit Blick auf Syrien.
Erdogan gehört zusammen mit dem scheidenden spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero zu den Initiatoren der "Allianz der Zivilisationen".
Quelle: ntv.de, dpa