Politik

Plädoyer im NSU-ProzessZschäpes Anwalt weist alle Vorwürfe zurück

24.04.2018, 13:40 Uhr
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Der Verteidiger der Angeklagten Beate Zschäpe sieht keine Beweise für deren Mittäterschaft an den Morden des NSU. (Foto: picture alliance / Matthias Schr)

Wochenlang gibt es im NSU-Prozess immer neue Verzögerungen, doch dann können Beate Zschäpes Anwälte überraschend mit ihrem Plädoyer beginnen. Die Vorwürfe der Anklage weisen sie zurück: Die 43-Jährige sei keine Mittäterin an den Morden des NSU.

Im NSU-Prozess haben die Wunschverteidiger von Beate Zschäpe in ihrem Plädoyer den Vorwurf zurückgewiesen, die heute 43-Jährige sei Mittäterin an den Morden und Anschlägen des NSU gewesen. Was die Bundesanwaltschaft aufgezählt habe, reiche weder im Einzelnen noch in der Gesamtschau aus, um eine Mittäterschaft seiner Mandantin zu begründen, sagte Zschäpes Vertrauensanwalt Hermann Borchert vor dem Münchner Oberlandesgericht.

Eine Mittäterschaft Zschäpes lasse sich auch weder mit deren Charakter noch mit deren früheren politisch geprägten Aktivitäten begründen. Einen Antrag für das Strafmaß stellte der Verteidiger zunächst nicht. Damit ist erst am Ende seines Schlussvortrags zu rechnen, den er gemeinsam mit seinem Kollegen Mathias Grasel halten will.

Die Bundesanwaltschaft hatte für Zschäpe lebenslange Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung gefordert. Die heute 43-Jährige war nach Überzeugung der Ankläger eines von drei gleichberechtigten Mitgliedern des NSU und sollte deshalb als Mittäterin an sämtlichen Verbrechen der Gruppe bestraft werden. Dazu zählen zehn Morde, neun davon aus rassistischen Motiven und einer an einer deutschen Polizistin.

Zschäpes Verteidiger Borchert sagte dagegen mit Blick auf den ersten NSU-Mord im September 2000 in Nürnberg: "Meine Mandantin bestreitet vehement, sowohl diesen Mord als auch die späteren Morde und Bombenanschläge gewollt und unterstützt zu haben." Der Verteidiger kritisierte in seinem Plädoyer, die Bundesanwaltschaft habe die Beweise in dem seit fast fünf Jahren dauernden Verfahren "mangelhaft" und "einseitig" bewertet. Zschäpe habe nicht einmal die Motive ihrer beiden mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gekannt.

Die Anklage interpretiere auch Zschäpes Rolle innerhalb des Trios falsch, sagte Borchert. Sie sei zwar durchaus selbstbewusst gewesen, den viel dominanteren Mundlos und Böhnhardt habe sie aber nichts entgegenzusetzen gehabt. Die Taten der beiden Männer hätten sie sogar abgestoßen. Dennoch habe Zschäpe sich zu Böhnhardt hingezogen gefühlt und keine Chance für eine Rückkehr in ein bürgerliches Leben gesehen - und deshalb das Leben im Untergrund mitgemacht.

Letzte Etappe des Mammutverfahrens

Mit den Plädoyers der Verteidigung geht das seit Mai 2013 laufende Mammutverfahren in die letzte Etappe - auch wenn noch ein möglicher neuer Beweisantrag eines Mitangeklagten im Raum steht. Befangenheitsanträge und juristische Streitereien hatten deren Beginn in den vergangenen Wochen immer weiter verzögert. Die beiden Wunschverteidiger Zschäpes, Borchert und Mathias Grasel, werden für ihr Plädoyer nach eigener Aussage rund eineinhalb Prozesstage brauchen. Anschließend sollen nach bisheriger Planung des Oberlandesgerichts die drei Altverteidiger Zschäpes das Wort für ihre Schlussvorträge bekommen, dann die Anwälte der insgesamt vier Mitangeklagten.

Noch nicht entschieden hat das Gericht, ob das Verfahren gegen einen der vier Mitangeklagten, André E., abgetrennt werden soll. Das hatten die Bundesanwaltschaft und der Anwalt des mutmaßlichen Terrorhelfers Ralf Wohlleben beantragt. Bundesanwalt Herbert Diemer warf E.s neuem Anwalt Daniel Sprafke vor, den Prozess "bis zum Sankt-Nimmerleinstag" verzögern zu wollen. "Das kann so nicht weitergehen", sagte Diemer. Auslöser für die neue Debatte waren neue Beweisanträge Sprafkes.

Quelle: chr/dpa

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