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Graichen muss gehen Habeck hat sich selbst beschädigt

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(Foto: IMAGO/Chris Emil Janßen)

Robert Habeck trifft mit der Entlassung seines Staatssekretärs Patrick Graichen die richtige Entscheidung. Der für den Wirtschaftsminister wichtigste Berater war nicht mehr tragbar.

Wirtschaftsminister Robert Habeck trennt sich schweren Herzens von einem seiner wichtigsten Mitstreiter für die Energiewende: Staatssekretär Patrick Graichen muss gehen. Der Schritt ist unvermeidlich und kommt zu spät. Es war falsch, dass Habeck an seinem Vertrauten festgehalten hat und vor einem harten Schnitt zurückschreckte.

Der offizielle Grund für die Entlassung: Es gab weitere zweifelhafte Vorgänge bei der Vergabe von Aufträgen mit Beteiligung Graichens. Es sei der eine Fehler zu viel, sagt Habeck. Hier irrt der Minister. Schon der erste Fehler war ein Fehler zu viel.

Graichen war an der Auswahl eines engen Freundes und Trauzeugen für den Chefposten der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur beteiligt und hatte diese Beziehung nicht transparent gemacht. Das hätte nicht passieren dürfen. Graichen wusste selbst, dass das nicht ganz sauber war: Er habe sich bei der Beurteilung seines Freundes "zurückgehalten", versicherte Graichen in einer Befragung zweier Bundestagsausschüsse. Nötig wäre es aber gewesen, sich komplett aus dem Auswahlverfahren zurückzuziehen, um allein den Anschein der Befangenheit zu vermeiden.

Dabei spielt es keine Rolle, wie neutral oder wie gedankenlos sich Graichen tatsächlich verhalten hat. Es spielt keine Rolle, ob sein Freund auch ohne ihn Dena-Chef geworden wäre. Compliance-Regeln in Bundesministerien sind kein Selbstzweck. Es gibt sie, um Schäden vorzubeugen. Im konkreten Fall: Sie sollen beispielsweise verhindern, dass die Energiewende als ein Projekt von Buddys wahrgenommen wird. Habeck hat mit seiner Loyalität genau das Gegenteil erreicht.

Die Union skandalisierte Graichens Fehlverhalten derweil nach Kräften. Dabei ist völlig nachvollziehbar, dass Graichen an seinem Amt und Habeck an seinem Staatssekretär festgehalten hat. Graichen ist schließlich einer der zentralen Architekten der Energiewende.

Eine Stärke Habecks ist seine Offenheit. Sein öffentliches Zweifeln an eigenen Entscheidungen hat maßgeblich dazu beigetragen, dass er der beliebteste Minister der Ampel-Koalition wurde. Das ist er mittlerweile nicht mehr. Das Festhalten an Graichen hat sein Image weiter beschädigt. Manchmal reicht es nicht aus, Fehler einzugestehen. Manchmal braucht es machtpolitische Härte. An der hat es Habeck gefehlt.

Quelle: ntv.de

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