Person der Woche: Gavin Newsom Der US-Präsidenten-Joker hatte ein Alkohol-Problem und kann kaum lesen
02.01.2024, 14:27 Uhr Artikel anhören
Was passiert, wenn der angeschlagene Joe Biden seine Kandidatur doch noch abbrechen muss? Der Gouverneur von Kalifornien gilt dann als Favorit für die Kandidatur der Demokraten. Der schillernde Medienstar betreibt bereits einen aktiven Schattenwahlkampf.
Gavin Newsom steht für die bald beginnenden Vorwahlen der US-Demokraten nicht auf dem Wahlzettel. Aber er tut alles, als wäre es bereits so. Der smarte Gouverneur von Kalifornien schaltet landesweit Wahlkampfwerbung, er hat ein spendensammelndes Aktionskomitee "Campaign for Democracy" gegründet, trifft sich mit Benjamin Netanjahu in Israel und mit Xi Jinping in China und lässt sich an der Chinesischen Mauer mit Pilotenbrille medienwirksam fotografieren. Mit dem Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, bestreitet er ein Wahlkampfduell im Fernsehen, obwohl von den beiden nur DeSantis bislang erklärt hat, nächster US-Präsident werden zu wollen.
Kurzum: Newsom führt einen ziemlich lauten Schattenwahlkampf. Er ist der Kandidat, der offiziell keiner ist. Der Gouverneur gilt als der klare Favorit der Demokraten für den Fall, dass der angeschlagene US-Präsident Joe Biden doch noch aus dem Wahlkampfrennen aufsteigen muss - altersbedingt, gesundheitsbedingt oder weil die Umfragen weiterhin so desaströs bleiben wie derzeit. In der Partei kommt Unruhe auf, weil man Biden in seinem zittrigen Zustand kaum mehr zutraut, Donald Trump oder die moderate Nikki Haley im Wahlkampf noch einmal zu schlagen. Newsom wäre dagegen die Verkörperung der neuen Generation.
Er ist telegen, smart, erfolgreicher Baseball-Sportler und eine moderne Inkarnation des liberalen Kaliforniens. Er war Bürgermeister von San Francisco und führte dort auf eigene Faust die Ehe für Homosexuelle ein. Ihn umweht ein Hauch von Hollywood - und so steigt er (obwohl er dessen politische Agenda ablehnt) immer wieder gezielt in die Fußstapfen von Ronald Reagan, der einst als schauspielernder Gouverneur von Kalifornien ins Weiße Haus gelangte. Da passt es ins glamouröse Bild, dass er mit der frauen- und umweltbewegten Schauspielerin und Dokumentarfilmemacherin Jennifer Siebel verheiratet ist.
Deutlich weiter links als Biden
Auf den ersten Blick wäre Newsom die perfekte Nachbesetzung für Joe Biden. Traditionell spielt Kalifornien eine überragende Rolle für den politischen Zeitgeist der USA. Und Newsom nutzt diese Position, um seine Vision für ein modernes Amerika zu formulieren. Er beherrscht das Handwerk der Aktivismus-Politik aus der Exekutive heraus. Immer wieder startet er provokante Initiativen seiner links-grünen Agenda, insbesondere in der Klimapolitik. So klagt er gerade gegen die Ölfirmen Exxon, Shell, Chevron, ConocoPhillips und BP wegen ihrer angeblichen Mitschuld an der Erderwärmung. Newsom tritt offensiv ein für die gleichgeschlechtliche Ehe, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, eine allgemeine Krankenversicherung auch für illegale Migranten, die Legalisierung von Marihuana, strenge Waffengesetz sowie für die Rechte von Einwanderern. Den historischen Umgang mit der indigenen Bevölkerung der USA bezeichnet er als Völkermord, und er ist einer der prominentesten Gegner der Todesstrafe.
Doch mit der kantigen Agenda beginnt auch das Risiko Newsoms. Er ist deutlich weiter links positioniert als Joe Biden, nur knapp rechts von Bernie Sanders. Da Wahlen aber auch in Amerika in der Mitte gewonnen werden, müsste er sich moderater positionieren, um präsidentenfähig zu werden. Das tut er seit einigen Monaten auch. So machte er jüngst einen Rückzieher bei seinem Projekt für staatliche Injektionsstellen von Drogensüchtigen, dann stellte er sich in einem Tarifgesetz gegen die Gewerkschaften und schloss sich schließlich den Republikanern an, als er sein Veto gegen eine Initiative zum Verbot von Diskriminierung auf der Basis des indischen Kastenwesens einlegte. Ein solches Verbot sei unnötig, sagte er.
Drei Probleme
Doch die Wahlkampfstrategen der Demokraten sorgt noch etwas anderes. Hinter der Fassade des Strahlemanns bietet Newsom auch Angriffsflächen im Persönlichen. So hat Newsom 2007 öffentlich zugegeben, ein Alkohol-Problem gehabt zu haben. Er ließ sich von Mimi Silbert, Leiterin einer Stiftung für Drogenberatung in San Francisco, beraten, bestritt 2018 aber, in Behandlung gewesen zu sein. Newsom sagte damals auch, dass er seit Jahren keine Probleme mehr mit dem Trinken habe und dass er "wieder ein wenig Wein genießt".

Gavin Newsom ist seit 2008 mit Jennifer Siebel verheiratet.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Das zweite heikle Thema betrifft eine ausgeprägte Leseschwäche, er leidet an einer schweren Form von Dyslexie. Newsom spricht offen darüber, dass er zeitlebens darunter gelitten, eine richtige Universität nicht besucht und noch nie im Leben einen Roman gelesen habe. Um die Schwäche auszugleichen, bereitet er sich auf Debatten und Reden besonders gründlich vor. Politische Gegner thematisieren das nun mit dem Hinweis, dass ein Mann, der nicht richtig lesen könne, unmöglich Präsident der USA werden dürfe.
Das dritte private Problem von Newsom betrifft seine variantenreiche Zuneigung zu Frauen. So hatte er schon mal eine schlagzeilenträchtige Affäre mit der Frau seines Wahlkampfmanagers. Vor seiner Ehe mit Jennifer Siebel war er vier Jahre mit der schillernden Fernsehmoderatorin Kimberly Guilfoyle verheiratet. Die Ironie der Geschichte will es, dass Guilfoyle heute mit Donald Trump Junior liiert ist. Es könnte also passieren, dass im Präsidentschafts-Wahlkampf des Jahres 2024 Gavin Newsom nicht nur auf Donald Trump trifft, sondern auch auf seine Ex als Schwiegertochter seines Rivalen.
Quelle: ntv.de