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Hamburg & Schleswig-HolsteinSachsenwald wird eingemeindet – noch Kritikpunkte offen

11.12.2025, 17:16 Uhr
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Der Forstgutsbezirk Sachsenwald wird zum Jahreswechsel mehreren Gemeinden zugeordnet. Die Diskussion im Schleswig-Holsteinischen Landtag zeigt: Bis jetzt sind nicht alle Fragen geklärt.

Kiel (dpa/lno) - Der östlich von Hamburg gelegene Sachsenwald liegt in Privatbesitz und gehört bislang zu keiner Gemeinde. Ab dem kommenden Jahr ändert sich das: Das Forstgebiet wird eingemeindet. Ein Gesetzesentwurf dazu fand im Kieler Landtag die Zustimmung von CDU, Grünen und SPD. FDP und SSW enthielten sich.

"Dieser Gesetzesentwurf beseitigt einen Anachronismus und ordnet das Gebiet des Sachsenwaldes, wie alle anderen Flächen im Land, einer verantwortlichen Gemeinde zu", sagte Innenministerin Magdalena Finke (CDU). Zudem müssten die Gemeinden keine Altlasten übernehmen. So legt das Gesetz fest, dass bis zum Jahresende 2025 nicht die Gemeinden, sondern die Eigentümerinnen und Eigentümer haften – rückwirkende Verpflichtungen seien ausgeschlossen.

An die Adresse der anliegenden Gemeinden, die aufgrund von hohen Kosten Sorgen vor der Eingemeindung haben, sagte Finke: "Wir werden natürlich die betroffenen Gemeinden weiterhin unterstützen und beratend zur Seite stehen."

Sorgen der Gemeinden

So bemängelte der Direktor des Amtes Hohe Elbgeest, Torge Sommerkorn, bereits im September, dass die Eingemeindungen neue Pflichten für die Kommunen mit sich bringen würde. Zudem seien die Kosten noch unklar – Sommerkorn schätzte sie auf einen hohen sechsstelligen Betrag.

An den Sorgen habe sich in den vergangenen Monaten nichts geändert, sagte Sommerkorn am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Zwar habe es weiteren Austausch mit der Landesregierung gegeben, doch die Unterstützungsangebote seien bisher unzureichend.

SSW und FDP sehen Kritikpunkte

Die SSW-Abgeordnete Sybilla Nitsch kritisierte, der Gesetzesentwurf sei "viel zu schnell" beraten worden. "Ich verweise hier auf die durchaus berechtigte Kritik einiger Anzuhörenden, die auf die kurze Anhörungsfrist, die in den Herbstferien lag, hinweisen", sagte sie im Plenum.

Angesichts der Tragweite der Entscheidung hätte man den Gemeinden mehr Zeit geben müssen. Der Entwurf sei erst im September eingereicht worden, und einige Kritikpunkte seien bis heute nicht geklärt. Dies begründe die Enthaltung des SSW, fügte sie hinzu.

FDP-Fraktionschef Christopher Vogt sagte: "Was mich irritiert, ist die Tatsache, dass das Ministerium gegenüber den Landtagsfraktionen über einen längeren Zeitraum suggeriert hat, man sei sich mit den beteiligten Kommunen bereits völlig einig." Eine Anhörung der Gemeinden habe allerdings das Gegenteil ergeben – einige Bedenken konnten nicht ausgeräumt werden.

Vogt forderte: "Ich würde es gut finden, wenn das Land noch mal mit den Kommunen spricht." Gemeinsam mit ihnen müsse eine faire Lösung gefunden werden.

SPD kritisiert fehlende Zurückforderung von Geldern

Die SPD, die den Gesetzesentwurf mit einbrachte, kritisierte, dass die Landesregierung keinen rechtlichen Weg sieht, die zu Unrecht gezahlten Schlüsselzuweisungen von der Familie von Bismarck zurückzufordern. "Immer wieder müssen etwa Beamtinnen und Beamte versehentlich zu viel gezahlte Gehälter oder Pensionen vollständig zurückzahlen", sagte die Sozialdemokratin Beate Raudies. Warum dies beim Sachsenwald nicht gehe, könne nicht plausibel erklärt werden.

Das Innenministerium in Kiel teilte im Februar mit, dass der Forstgutsbezirk über Jahre hinweg irrtümlich rund 130.000 Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich erhalten habe – für die Jahre 2021 bis 2023. Erst 2024 erfuhr das Ministerium davon und forderte bereits ausgezahlte 31.600 Euro für 2024 zurück. Der Fehler sei auf gelieferte Straßendaten zurückzuführen, die man gesammelt habe, um den Erhalt des Straßennetzes aus dem Finanzausgleich zu finanzieren, hieß es damals.

Innenministerin Finke sagte dazu im Plenum: "Das war ganz klar ein Fehler, der nicht hätte passieren dürfen." Die Mittel ließen sich jedoch nur teilweise zurückfordern, da die Zuweisungsbescheide bereits rechtskräftig waren.

Ende der Besserstellung

Im November 2024 hatten die Fraktionen einstimmig beschlossen, dass die Landesregierung umgehend Vorschläge erarbeitet, wie mit den gemeindefreien Gebieten Sachsenwald und Buchholz umgegangen werden soll. Ziel sei es, eine Besserstellung dieser Gebiete gegenüber den Kommunen im Norden zukünftig auszuschließen.

Der östlich von Hamburg gelegene Sachsenwald befindet sich in Privatbesitz, das Gebiet gehört keiner Gemeinde an. Der steuerrechtliche Sonderfall des Sachsenwaldes der Familie von Bismarck war aufgrund eines Beitrages der ZDF-Sendung "Magazine Royale" des Satirikers Jan Böhmermann vom Oktober 2024 in den Fokus der Landesregierung geraten.

Böhmermann hatte in Zusammenarbeit mit der Rechercheplattform "Frag den Staat" über 21 Unternehmen berichtet, die in einer dortigen Hütte Briefkästen gemeldet hätten und von niedrigen Gewerbesteuern profitierten. Nach schleswig-holsteinischem Recht darf der Gutsvorsteher dort Gewerbesteuern erheben.

Gemeindefreiheit widerspricht Demokratieprinzip

Auch ein zweiter Forstgutsbezirk in Schleswig-Holstein, Buchholz im Kreis Segeberg, soll zum neuen Jahr eingemeindet und aufgelöst werden. Im Gegensatz zum Sachsenwald habe man allerdings eine freiwillige Lösung zur Eingemeindung gefunden.

Laut der geplanten Gesetzesnovelle sei die fehlende Gemeindezuordnung aufgrund des Demokratieprinzips kritisch zu bewerten. Das Prinzip verlangt, dass jede Ausübung staatlicher Gewalt demokratisch legitimiert sein muss. Daher bestehe "ein gesetzlicher Auftrag zur Kommunalisierung", heißt es.

Im nächsten Jahr soll der größte Teil des Sachsenwaldes an die Gemeinde Aumühle fallen. Der Rest soll auf sieben weitere Kommunen verteilt werden: Kasseburg, Möhnsen, Schwarzenbek, Brunstorf, Dassendorf, Kröppelshagen-Fahrendorf und Börnsen.

Quelle: dpa

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