HessenKurz vor Weihnachten: Häuser bei Bombensprengung beschädigt

Mitten im Advent müssen Familien in Hanau möglicherweise ihr Zuhause verlassen – eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg zerstört die Festtagspläne. Wie konnte es dazu kommen?
Hanau (dpa/lhe) - Mit einem lauten Knall ist eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg in Hanau gesprengt worden - nun ist klar: Auch Häuser wurden dabei beschädigt. Nach ersten Einschätzungen der Stadt sind 58 Personen und bis zu 28 Wohnungen betroffen.
Niemand sei verletzt worden, allerdings gebe es Sachschäden, teilte die Stadt mit. "Einige Familien werden mit hoher Wahrscheinlichkeit das Weihnachtsfest nicht dort verbringen, wo sie heute Morgen noch gedacht haben", sagte Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD). Ordnungsdezernentin Isabelle Hemsley (CDU) kündigte umfassende Hilfen für die betroffenen Menschen an, sollten sie Ersatzquartiere benötigen: "Niemand wird im Regen stehen gelassen."
Die durch die Druckwelle entstandenen Schäden fallen nach Angaben der Stadt nicht so umfangreich aus, wie zunächst befürchtet. Die meisten betroffenen Gebäude wiesen zwar Beschädigungen auf, jedoch seien diese eher gering. "Eine Wohnung wurde allerdings durch die Sprengwirkung so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass sie derzeit als unbewohnbar gilt", teilte die Stadt mit. Die betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner will die Stadt "schnell und unbürokratisch" unterstützen.
Brandbombe entpuppt sich als Sprengbombe
Die Art der Bombe ist nach Angaben des zuständigen Regierungspräsidiums Darmstadt von den beteiligten Experten falsch eingeschätzt worden. "Wir sind von einer Brandbombe ausgegangen, es war letztendlich eine Sprengbombe", sagte der Sprecher des Regierungspräsidiums Darmstadt, Matthias Schaider. Die Bombe sei statt mit Phosphor mit Sprengstoff gefüllt gewesen.
Die Auswirkungen der Sprengung wären aber in jedem Fall dieselben gewesen, sagte er. "Entsprechend waren die Vorsichtsmaßnahmen genau die Richtigen." Transportfähig sei die Bombe nicht gewesen, da der Zünder stark beschädigt gewesen sei. "Jeder Einsatz ist anders, jede Bombe ist anders und muss sehr, sehr ernst genommen werden."
"Bombe im deutschen Namen abgeworfen"
Nach Angaben der Stadt handelte es sich bei dem bei Bauarbeiten im Stadtteil Großauheim gefundenen 250 Kilogramm schweren Blindgänger um eine Bombe deutscher Bauart. "Diese Bombe, dieses Drecksding, wurde einmal im deutschen Namen auf Großauheim - auf Bürgerinnen und Bürger und Infrastruktur vom Deutschen Reich abgeworfen", sagte OB Kaminsky.
Wieso eine Bombe deutscher Herkunft an dieser Stelle gefunden wurde, wusste die Stadt auf Anhieb nicht zu erklären, da in Hanau meist britische und US-amerikanische Fliegerbomben entdeckt würden. In dem Fundgebiet in der Nähe des Mains hatte es allerdings gegen Ende des Zweiten Weltkriegs Kämpfe zwischen amerikanischen und deutschen Verbänden gegeben. Die US-Truppen setzten dort zwischen den heutigen Hanauer Stadtteilen Großauheim und Klein-Auheim Ende März 1945 über den Fluss.
Container verhinderten Schlimmeres
Zahlreiche mit Wasser gefüllte Überseecontainer aus Stahl waren nach Angaben der Stadt übereinander gestapelt worden, um den Druck abzudämpfen. Diese Vorsichtsmaßnahme sei keinesfalls übertrieben gewesen, sagte Hemsley über entsprechende Kommentare auf Social Media. "Sie haben Schlimmeres verhütet."
Nach der Sprengung standen einige stählerne Kolosse verbeult zwischen dem Sprengloch und den Häusern. Das betroffene Gebiet ist eine bürgerliche Siedlung mit Mehrfamilienhäusern.
Experten vom THW prüfen Schäden und Auswirkungen
Statiker des Technischen Hilfswerks seien seit dem frühen Nachmittag im Einsatz und überprüften die strukturellen Auswirkungen der Sprengung, sagte Hemsley weiter. Bestimmte Bereiche blieben aus Gründen des Einbruchsschutzes weiterhin gesperrt.
Die rund 60 Betroffenen sollen eine psychosoziale Notfallversorgung bekommen. Den betroffenen Menschen solle nun "schnell, professionell und unbürokratisch" bei der Unterbringung geholfen werden, sagte Hemsley. Die Feuerwehr nehme zusätzlich Messungen vor, um mögliche Gefahrstoffe in der Luft auszuschließen. Dafür gebe es bislang auch keine Hinweise.
Tausende Menschen von Räumung betroffen
Für die Sprengung der Bombe hatten etwa 4.500 Menschen in einem Radius von 1.000 Metern rund um die Fundstelle vor der Sprengung ihre Wohnungen verlassen müssen.
Die Evakuierung hatte große Auswirkungen auf den Straßen- und Schienen- sowie den Schiffsverkehr auf dem Main - nicht zuletzt, weil man mit einer großen Gefahr der Bombenart rechnete. Zahlreiche Straßen, darunter auch die vielbefahrene vierspurige B43a waren teilweise oder komplett gesperrt worden. Der S-Bahnverkehr zwischen Hanau Hauptbahnhof und Offenbach war jedoch nicht beeinträchtigt.
Für die von der Evakuierung betroffenen Menschen waren Betreuungsstellen und Notunterkünfte in Mehrzweck- und Sporthallen vorbereitet worden.