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Hamburg & Schleswig-HolsteinSchwarz-grüne Landesregierung beschließt 100-Tage-Programm

14.07.2022, 12:28 Uhr
Schleswig-Holsteins-Finanzministerin-Monika-Heinold-und-Ministerpraesident-Daniel-Guenther
(Foto: Marcus Brandt/dpa/Archivbild)

Nach Koalitionsverhandlungen und Regierungsbildung will Schwarz-Grün in Schleswig-Holstein jetzt richtig mit der Arbeit loslegen. Wichtige Projekte sind in einem 100-Tage-Programm festgelegt.

Kiel (dpa/lno) - Erneuerbare Energien, Digitalisierung, Wohnungsbau: In fast allen Politikbereichen will die neue schwarz-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein das Tempo verschärfen. Dazu beschloss das Kabinett am Donnerstag in Kiel ein 100-Tage-Programm mit verschiedenen Schwerpunkten. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und seine Stellvertreterin, Finanzministerin Monika Heinold (Grüne), sprachen von ehrgeizigen Vorhaben, an deren zügiger Umsetzung sich die Koalition messen lassen werde. Aus Oppositionen und Verbänden kamen unterschiedliche Reaktionen.

"Uns eint der Anspruch, die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft gemeinsam anzupacken und dabei auch neue Wege zu gehen", teilte Günther mit. "Wir wollen unseren Wohlstand sichern und unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten, indem wir erstes klimaneutrales Industrieland werden." Schleswig-Holstein soll das bis 2040 schaffen. Um dies zu erreichen, werde man in den ersten 100 Tagen einen Bericht zu weiteren potenziellen Windflächen über die bestehenden Planungen hinaus vorlegen. Zudem soll ein Bericht zur besseren Nutzung von Flächen für Windenergie erarbeitet werden. Auch Photovoltaik soll im nördlichsten Bundesland künftig noch stärker ausgebaut werden.

Finanzministerin Heinold ergänzte, das 100-Tage-Programm drücke den Gestaltungsanspruch der Koalition im Klima- und Umweltschutz aus, aber auch bei den drängenden sozialen Fragen. "Dies machen wir gleich zu Beginn der Legislaturperiode deutlich."

Um der Wohnungsnot entgegenzuwirken, soll es ein Wohnraumschutzgesetz geben, mit dem Kommunen aktiv gegen Missstände oder drohende Verwahrlosungen von Wohngebäuden vorgehen können. Mit der "Initiative Wohnen" werde ein Pakt mit der Wohnungswirtschaft vorbereitet. Dabei gehe es unter anderem um die Unterstützung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften.

Im Sozialbereich will die Landesregierung zum Beispiel mit zusätzlichem Personal die Situation in den Kindertagesstätten verbessern. Im öffentlichen Dienst soll der Anteil von Menschen mit Zuwanderungserfahrung besonders im höheren Dienst und bei den Führungskräften erhöht werden. Für Menschen, die schon lange in Schleswig-Holstein leben, sollen die Ausländerbehörden Bleibeperspektiven prüfen. Die Tafeln im Land sollen nach dem Willen der Koalition vor dem Hintergrund vieler geflüchteter Menschen aus der Ukraine und der zunehmend angespannten sozialen Lage unterstützt werden. Dazu soll eine Richtlinie erlassen werden.

Für eine bessere Bildung sollen mehr Lehrkräfte gewonnen werden. Gegen den Fachkräftemangel will die Landesregierung die Fachkräfteinitiative Schleswig-Holstein neu aufsetzen und weiterentwickeln. Der Schwerpunkt solle stärker als bisher auf Fachkräfteeinwanderung und Fachkräftesicherung in klimarelevanten Bereichen gelegt werden.

Oppositionsführer Thomas Losse-Müller reagierte mit scharfer Kritik. Die neue Landesregierung setze ihre eigenwillige Kommunikation fort, teilte der SPD-Politiker mit. "Nachdem sie sich vor zwei Wochen nicht in der Lage sah, ihre Politik in einer Regierungserklärung im Parlament dazustellen, wird jetzt das 100-Tage-Programm mal eben per Pressemitteilung veröffentlicht." Nachfragen seien so natürlich nicht möglich. "Dieser intransparente und unmotivierte Kommunikationsstil ist dreist", kritisierte Losse-Müller.

Aus Sicht des SSW dürfte über viele Ziele im Regierungsprogramm für die ersten 100 Tage gar keine Uneinigkeit bestehen. Wer wolle nicht den Fachkräfteschlüssel verbessern, Gleichstellung in öffentlichen Unternehmen, Planungsbeschleunigung oder ein Förderprogramm für erneuerbare Energien, fragte Fraktionschef Lars Harms. "Dennoch liest sich das Programm eher ernüchternd, besteht es doch im Wesentlichen aus Prüfaufträgen, Evaluierungen und Berichtsankündigungen."

Der Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Andreas Breitner, sagte, die sozialen Vermieter begrüßten ausdrücklich, dass Schleswig-Holstein endlich ein Wohnraumschutzgesetz bekommen soll. Dazu gehöre, dass bestehende Wohnungen instandgehalten werden. "Entscheidend wird sein, dass die Kommunen Immobilien auf einfachem Wege überprüfen und, sollte eine Vernachlässigung festgestellt werden, den Eigentümer zu einer Instandsetzung verpflichten können."

Aus Sicht des Hauseigentümerverbands Haus & Grund darf die Landesregierung private Vermieter nicht vergessen. Diese Vermietergruppe biete rund zwei Drittel aller Mietwohnungen an und sei damit quasi der Mittelstand der Wohnungswirtschaft, betonte der Vorstandsvorsitzende Alexander Blažek.

Quelle: dpa

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