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Rheinland-Pfalz & Saarland Nach Missbrauchsskandal richtet Saarland Ombudsstelle ein

Im saarländischen Bildungsministerium gibt es eine neue Anlaufstelle für Opfer sexualisierter Gewalt. Anlass ist der Missbrauchsskandal rund um einen Priester aus Friedrichsthal.

Saarbrücken (dpa/lrs) - Die saarländische Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) hat mit deutlicher Kritik auf die Informationspolitik des Bistums Trier zum jüngsten Missbrauchsskandal um einen inzwischen gestorbenen Priester reagiert, der 20 Jahre als Religionslehrer im Saarland tätig war. Das Ministerium habe vom Bistum oder der Aufarbeitungskommission seit Bekanntwerden des Falls "bisher weder verwertbare Unterstützung noch Hinweise bekommen, die es ermöglichen, diese zu prüfen und im Sinne der Opfer Konsequenzen umzusetzen", sagte sie am Dienstag in Saarbrücken.

Zuletzt war bekanntgeworden, dass ein mittlerweile gestorbener Priester, der von 1979 bis 1999 Religionslehrer an einem Gymnasium in Saarlouis war, über Jahrzehnte vor allem Jugendliche sexuell missbraucht und seine Opfer in teils pornografischen Posen fotografiert haben soll. Sein Neffe hatte nach dem Tod des Mannes in dessen Wohnung mehrere hundert Aufnahmen entdeckt.

"Die Opfer haben ein Recht auf Aufarbeitung", sagte Streichert-Clivot. Um betroffenen ehemaligen Schülerinnen und Schülern eine Anlaufstelle zu geben, richtete sie eine vom Bistum unabhängige eigene Ombudsstelle ein, die am Dienstag ihre Arbeit aufnahm. Diese sei als "Dauereinrichtung" und auch als Clearingstelle geplant. Ihre Arbeit beziehe sich nicht nur auf die jüngst bekannt gewordenen Missbrauchsfälle rund um den verstorbenen Geistlichen, sondern schließe auch aktuelle und zukünftige Fälle mit ein. Präventionsarbeit habe dabei einen besonderen Stellenwert.

"Wir brauchen hier im Sinne der möglichen Opfer von Missbrauch eine ganz klare institutionelle Abgrenzung zwischen Kirche und Staat", betonte die Ministerin. Nach wie vor finde sie es "äußerst irritierend", dass ein Mensch, über dessen Straftaten kirchliche Verantwortliche offensichtlich Bescheid wussten, trotzdem in einem Umfeld eingesetzt worden sei, in dem er Zugang zu Kindern und Jugendlichen hatte.

Vom Bistum erwarte sie sich zudem Klarheit bei der Aufarbeitung der Gestellungsverträge, auf deren Grundlage derzeit 36 Religionslehrkräfte der Kirche im Saarland in den Schuldienst eingestellt wurden. Diese Verträge müssen "zurück bis in die 70er Jahre aufgearbeitet werden", sagte die Ministerin.

Angesichts des Zwischenberichtes der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier im August 2022 und der so genannten MHG-Studie aus dem Jahr 2018 gehe sie davon aus, dass auch Schulen betroffen seien. Streichert-Clivot: "Wir haben also kein Erkenntnisdefizit, dass sexualisierte Gewalt durch Kirchenpersonal der katholischen Kirche auch im Umfeld Schule stattfand, sondern wir haben ein Handlungsdefizit bei der Aufarbeitung dieser Taten."

Noch ist das Ausmaß der Taten des Priesters, der mit 87 Jahren starb, unklar. "Im Moment erreichen uns viele neue Informationen und Hinweise, die wir zunächst auswerten und zusammenführen müssen", hatte der Trierer Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg vor kurzem mitgeteilt. Bischof Stephan Ackermann hatte den Generalvikar mit Aufklärung betraut, "um die Dimension des Falles" zu erfassen". Die Ausmaße seien bisher nicht bekannt gewesen.

Quelle: dpa

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