Rheinland-Pfalz & SaarlandFreisbach hofft auf Lösung der Finanzprobleme

Als Rat und Bürgermeister in der Südpfalz wegen eines defizitären Haushalts hinwerfen, sorgt das überregional für Schlagzeilen. Nach Wahlen soll es einen Neustart geben - aber viele Fragen sind offen.
Freisbach (dpa/lrs) - Knapp vier Monate nach dem Rücktritt der politischen Führung von Freisbach aus Protest gegen die Finanzpolitik der Landesregierung hat der neugewählte Bürgermeister der pfälzischen Gemeinde von Land und Kommunalaufsicht mehr Entgegenkommen gefordert.
"Man muss anerkennen, dass Freisbach unverschuldet in eine finanziell schwierige Situation geraten ist", sagte Jochen Ricklefs am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Die Gemeinde sei allein durch das Erfüllen der vom Land geforderten Pflichtausgaben ins Defizit geraten. "In der Vergangenheit hatten unsere Kommunalaufseher keinen Handlungsspielraum, waren wenig konstruktiv in den Gesprächen, die wir vor unserem Rücktritt im August geführt hatten." Nun müsse eine Lösung gefunden werden, die der Gemeinde das Wirtschaften ermögliche.
Der Gemeinderat und der damalige Bürgermeister Peter Gauweiler (parteilos) hatten am 8. August ihren Rücktritt erklärt. Sie hatten kritisiert, dass die Gemeinde mit etwa 1200 Einwohnern aufgrund des neuen Landesfinanzausgleichsgesetzes und einer neuen Ausrichtung der Kommunalaufsicht keine Haushaltsgenehmigung erhalte.
Bei der Neuwahl am Sonntag hatte sich der parteilose Ricklefs dem vorläufigen Ergebnis zufolge mit knapp 72 Prozent der Stimmen gegen Andreas Ackermann (SPD, aber unabhängige Kandidatur) durchgesetzt. Auch zahlreiche frühere Ratsmitglieder waren wiedergewählt worden. Ob sie das Mandat annehmen, wollen sie demnach davon abhängig machen, ob sich die Landesregierung in der Finanzfrage bewegt.
Ex-Bürgermeister Gauweiler sagte, er habe den wiedergewählten Ratsmitgliedern empfohlen, die Wahl erst einmal anzunehmen. "Jochen Ricklefs soll jetzt mit dem Land, vertreten durch die Kommunalaufsicht, offizielle Gespräche führen und dann in einer Sitzung darüber berichten. Dann können die Gewählten immer noch über ihr Mandat entscheiden." Sollte sich in Sachen Finanzen nichts ändern, werde sich der Rat vermutlich schnell wieder auflösen.
"Fakt ist eins", betonte Gauweiler. "Wenn die Kommunalaufsicht verlangt, dass wir die Steuersätze aufs Maximale heben, bin ich ziemlich sicher, dass der Rat nicht lange existiert. Wenn wir Steuersätze erhöhen, um etwas für das Dorf zu machen - okay. Aber nur erhöhen, um Defizite abzudecken, die das Land verursacht - das funktioniert nicht."
Wahlsieger Ricklefs betonte, zunächst müsse die Gemeinde handlungsfähig werden. Der Haushalt für 2023 sei noch nicht genehmigt, der Etat für 2024 müsse auf den Weg gebracht werden. "Die hierzu ausstehenden Gespräche mit der Kommunalaufsicht beziehungsweise Kreisverwaltung sind in den vergangenen Wochen ausgesetzt worden, da man dort mit dem neuen Ortsbürgermeister ins Gespräch gehen will - nicht mit den eingesetzten Verwaltern."
Freisbach brauche ausreichend Mittel, um neben reinen Pflichtaufgaben wie zum Beispiel der Kita das Dorf am Laufen zu halten. "Aktuell müssen wir von unseren Steuereinnahmen weit über 80 Prozent in Form von Umlagen an den Kreis und die Verbandsgemeinde weitergeben. Nach Kosten für Kita und den Umlagen ist unser Haushalt negativ. Selbst bei einer - bei mir nicht zur Diskussion stehenden - maximalen Steuererhöhung für Grund-, Gewerbe- und Hundesteuer wären wir noch negativ." Dieses Dilemma gelte es zu lösen. "Dazu braucht es zeitnah konstruktive Gespräche mit der Aufsichtsbehörde."
In Freisbach müssten dringend zwei große Projekte angegangen werden, betonte Ricklefs: "Die Kindertagesstätte entspricht nicht mehr den Anforderungen des neuen Kindergartengesetzes, und die Sporthalle benötigt eine dringende Sanierung - beides eine Herausforderung bei fehlenden Geldern." Vielleicht könnten auch Wege gefunden werden, die Einnahmen zu steigern. "Doch auch dafür müssen wir erstmal wieder handlungsfähig werden. Einseitige Steuererhöhungen ohne Mehrwert für den Ort sind kaum vermittelbar."