Sachsen-AnhaltKommunen im Land: Von klammen Kassen und Millioneneinnahmen

Die einen sind arm, die anderen reich - die Finanzkraft der Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt liegt weit auseinander. Das Land will seine Zuweisungen ab diesem Jahr erhöhen, um den Kommunen größere Spielräume zu verschaffen.
Magdeburg/Bornstedt/Lützen (dpa/sa) - Die Infrastruktur ist gar nicht mal so verschieden. Bornstedt und Lützen liegen beide nahe der Autobahn 38, nur gut 40 Minuten auseinander. Doch finanzpolitisch trennen die beiden Orte Welten. Die Gemeinde Bornstedt (Landkreis Mansfeld-Südharz) hat die geringste Steuerkraft in Sachsen-Anhalt, pro Einwohner sind es gerade einmal 316 Euro. Spitzenreiter Lützen (Burgenlandkreis) hat mit 7048 Euro pro Einwohner eine Steuerkraft, die rund zwanzig Mal höher ist. Das geht aus einer Aufstellung des Hauses von Finanzminister Michael Richter (CDU) hervor.
Die Steuerkraft zeigt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Städten und Gemeinden auf. Aufgrund der schlechten Finanzlage waren in Bornstedt zuletzt unpopuläre Beschlüsse nötig. Die Vereinsförderung wurde zurückgefahren, die Kita-Beiträge zu Jahresbeginn erhöht. Für einen Platz in Krippe und Kindergarten werden für die Eltern monatlich nun 15 Euro mehr fällig. Der Haushalt der 800-Einwohner-Gemeinde ist dennoch auch in 2022 nicht ausgeglichen. Auf der Einnahmeseite geht nicht mehr viel. Die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer sind im Landesvergleich schon hoch. Trotzdem hat Bornstedt im Jahr 2020 gerade einmal 36.000 Euro an Gewerbesteuern eingenommen. Größere Betriebe gibt es keine.
Ganz anders ist die Situation in Arneburg (Landkreis Stendal). Die Stadt ist mit ihren rund 1500 Einwohnern etwa doppelt so groß wie Bornstedt und rechnet dank ihres Gewerbegebietes 2021 mit rund 4,8 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen. Mit einer Steuerkraft von 3228 Euro pro Einwohner liegt Arneburg nach Leuna im Landesvergleich auf Platz drei.
Spitzenreiter Lützen plant pro Jahr sogar mit 10 bis 12 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen - trotz eines geringen Hebesatzes von 240, ein Faktor der die tatsächliche Höhe einer Steuerschuld bestimmt. Zum Vergleich: In Bornstedt ist der Hebesatz mit 450 fast doppelt so hoch. Wer schon viel hat, muss Unternehmen nicht so stark besteuern wie Kommunen mit klammen Kassen und kann somit weitere Firmen anlocken. Auch die Grundsteuern fürs eigene Haus fallen in reichen Gemeinden oft niedriger aus.
Lützen verfügt gleich über zwei große Gewerbegebiete vor den Toren Leipzigs. Neben der A38 ist auch die A9 ein wichtiger Standortfaktor. "Wir wollen die Gebiete in den nächsten Jahren erweitern, um noch attraktiver zu sein", sagt Bürgermeister Uwe Weiß. Ansonsten setze die Stadt "die gleichen Schwerpunkte wie jede andere Gemeinde auch", sagt Weiß. "Wir wollen das Leben in unseren Orten lebenswert machen." Investiert werden soll in den nächsten Jahren in das Sommerbad, den Wohnungsbau, die Sanierung von Kitas und Schulen.
Von solchen Spielräumen kann man in Bornstedt aktuell nur träumen. "Die Gemeinde hat bereits alle Steuern angehoben. Mehr ist nicht möglich. Die Länder müssten die finanzschwachen Kommunen mehr unterstützen", schätzt die Verwaltung ein.
Neben Bornstedt beklagen viele weitere Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt seit Jahren, dass das Geld vom Land nicht ausreicht. Die schwarz-rot-gelbe Koalition hat Verbesserungen angekündigt. Im Rahmen des Finanzausgleichs sollen mehr Mittel an die Kommunen fließen: In den Jahren 2022 und 2023 sollen es je 1,735 Milliarden Euro sein. Das sind 107 Millionen Euro mehr als bisher. "Es ist für alle drei Gruppen mehr Geld vorgesehen", hat Finanzminister Richter kürzlich im Landtag mit Blick auf Städte, Gemeinden und Landkreise ausgeführt.
Ab dem Jahr 2024 soll der kommunale Finanzausgleich dann grundlegend reformiert werden. Zuvor soll ein Gutachten erstellt werden, um den Bedarf zu ermitteln. Dafür bringen sich der Städte- und Gemeindebund schon einmal in Stellung. "Am Prozess der Gutachtenerstellung zur Finanzsituation der Kommunen wollen wir beteiligt sein", sagt Geschäftsführer Bernward Küper. "Wir haben unsere benötigte Finanzausgleichsmasse errechnet. Wir bräuchten insgesamt mindestens 1,9 Milliarden Euro."
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