Weitere Verzögerung möglich 737-Max-Problem droht Ryanair zu schaden
19.09.2019, 19:04 Uhr
Eine Boeing B737-800 der Ryanair hebt auf dem Flughafen im spanischen Alicante ab.
(Foto: imago images / Aviation-Stock)

Eine Ryanair-Maschine im griechischen Thessaloniki.
(Foto: imago/ZUMA Press)
Europas größter Billigflieger muss womöglich noch länger auf die bei Boeing bestellten Max-Jets warten. Ryanair-Chef O'Leary schlägt deshalb bei der Hauptversammlung Alarm. Gleichzeitig setzt er den Rotstift an und bekommt von den Aktionären kräftigen Gegenwind, als es um seinen Bonus geht.
Das anhaltende Flugverbot für Boeings Mittelstreckenjet 737 Max stimmt Europas größten Billigflieger Ryanair immer pessimistischer. Die Auslieferung der von Ryanair bestellten Maschinen könnte sich um weitere Monate bis ins Jahr 2020 verzögern, sagte Unternehmenschef Michael O'Leary bei der Hauptversammlung der Fluggesellschaft in Dublin. Möglicherweise bekomme Ryanair die ersten Max-Jets erst im März oder April. Wenn sich die Auslieferung noch weiter verzögere, müsse Ryanair den geplanten Ausbau seines Flugangebots möglicherweise noch stärker verringern als bislang.
Die üblichen Anzahlungen an Boeing habe die Fluglinie bereits gestoppt und verhandle mit dem Hersteller über eine finanzielle Entschädigung, erklärte O'Leary weiter. Die irische Billigfluggesellschaft hat Verträge über bis zu 210 Maschinen des Typs abgeschlossen und erwartet, im Laufe des kommenden Jahres 30 Exemplare in der Flotte zu haben.
Allerdings steckt Flugzeugbauer Boeing aus den USA in einer tiefen Krise. Nach dem Absturz zweier Maschinen bei den Gesellschaften Lion Air und Ethiopian Airlines mit insgesamt 346 Toten gilt seit März ein weltweites Startverbot für die Jets der 737-Max-Reihe. Aufsichtsbehörden aus aller Welt - allen voran die US-Luftfahrtbehörde FAA - wollen sichergehen, dass Boeing die Probleme mit dem Jet gelöst hat.
Ryanair streicht hunderte Jobs
Die Verzögerung der Boeing-Maschinen nennt Ryanair auch als Grund für eine Kündigungswelle. Der irische Billigflieger will 500 bis 700 Arbeitsplätze streichen. Die Gesellschaft habe rund 500 Piloten zuviel an Bord, sagte O'Leary. Einige könnten für zwölf Monate ohne Bezahlung freigestellt werden, doch es werde auch Entlassungen geben. Ryanair beschäftigt insgesamt rund 17.000 Mitarbeiter. Im Juli war noch von einem Überhang von 900 Stellen die Rede.
Bei der Hauptversammlung schlug Ryanair Gegenwind der Aktionäre entgegen, als es um die geplante Vergütung der Unternehmensspitze ging. Nach Angaben der Airline votierten bei der Hauptversammlung nur 50,5 Prozent der Aktionäre für die Vergütungspolitik des Unternehmens, mit der Konzernchef Michael O'Leary einen Bonus von umgerechnet bis zu 99 Millionen Euro einstreichen könnte. Voraussetzung für den Bonus ist, dass er die Margen oder den Aktienkurs verdoppelt. In den vergangenen zwei Jahren schrumpfte der Kurs allerdings um die Hälfte. O'Leary führt seit 25 Jahren die Airline. Er hatte im Februar erklärt, für weitere fünf Jahre zur Verfügung zu stehen.
Seit 1. September hat Ryanair eine Konzernstruktur eingeführt. Dabei ist O'Leary oberster Chef der Ryanair-Gruppe. Chef der Hauptfluggesellschaft Ryanair DAC ist Eddie Wilson, zuvor Personalchef. Zur Gruppe gehören außerdem Buzz aus Polen, Laudamotion aus Österreich und Malta Air.
Während sich Ryanair vor kurzem mit der deutschen Pilotenvereinigung Cockpit erstmals auf einen Tarifvertrag einigte, schwelen in Großbritannien, Spanien und Portugal die Tarifkonflikte weiter, die erneut zu Streiks führen könnten. Die britischen Piloten wollten ab Mitte dieser Woche erneut die Arbeit niederlegen. Ihre Gewerkschaft BALPA (British Airline Pilots Association) erklärte, Ryanair habe bei einer Beteiligung am Streik den Wegfall von Zusatzleistungen angedroht. BALPA wolle sich um einen neuen Verhandlungstermin am Freitag oder Montag bemühen. Ende September sind zudem Streiks des Kabinenpersonals in Portugal und der Piloten in Spanien geplant.
Quelle: ntv.de, hul/rts/dpa/AFP