Wirtschaft

Enormes Sparpotenzial? Allianz-Chef will Lohn für ersten Krankheitstag streichen

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Krankheitstage sind laut Oliver Bäte ein hoher Kostenfaktor für Wirtschaft und Krankenkassen.

Krankheitstage sind laut Oliver Bäte ein hoher Kostenfaktor für Wirtschaft und Krankenkassen.

(Foto: IMAGO/Lobeca)

Die Bundesregierung hat Karenztage im Krankheitsfall vor 55 Jahren abgeschafft. In anderen Ländern wie Schweden, Spanien oder Griechenland gibt es das System noch, bei dem der Arbeitnehmer im Krankheitsfall keinen Lohn erhält. Ein deutscher Konzern-Boss sieht nun Gründe für die Wiedereinführung.

Der Chef der Allianz Versicherungen, Oliver Bäte, bemängelt den hohen Krankenstand in Deutschland und fordert die Wiedereinführung des Karenztages. "Deutschland ist mittlerweile Weltmeister bei den Krankmeldungen", sagte er dem "Handelsblatt". Angestellte in Deutschland seien im Schnitt 20 Tage pro Jahr krank, der EU-Schnitt liege bei 8 Krankheitstagen.

Oliver Bäte sieht im Karenztag ein hohes Sparpotenzial.

Oliver Bäte sieht im Karenztag ein hohes Sparpotenzial.

(Foto: IMAGO/NurPhoto)

"Ich schlage vor, den Karenztag wieder einzuführen. Damit würden die Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Krankheitstag selbst tragen", führte er fort. Die Bundesregierung hatte dieses System 1970 mit der Einführung des Lohnfortzahlungsgesetzes abgeschafft, in anderen Ländern wie Schweden, Spanien oder Griechenland gibt es den Karenztag noch.

In Schweden bekommt der Arbeitnehmer am ersten Krankheitstag keinen Lohn, danach 14 Tage lang 75 Prozent vom Brutto. In Griechenland und Spanien gelten die ersten drei Krankheitstage als Karenz, auch hier wird in dieser Zeit kein Lohn gezahlt. Die Regelungen für ärztliche Atteste sind in den Ländern ebenfalls unterschiedlich. "Arbeitnehmer in Deutschland sind im Schnitt 20 Tage pro Jahr krank, während der EU-Schnitt bei acht Krankheitstagen liegt. In Ländern wie der Schweiz und Dänemark arbeiten die Menschen aufs Jahr gerechnet im Schnitt einen Monat länger - bei einem vergleichbaren Gehalt", sagte Bäte.

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Krankheitstage sind laut Bäte ein hoher Kostenfaktor für die Wirtschaft. Arbeitgeber zahlten in Deutschland pro Jahr 77 Milliarden Euro Gehälter für kranke Mitarbeiter. Von den Krankenkassen kämen noch mal 19 Milliarden Euro hinzu. "Das entspricht rund sechs Prozent der gesamten Sozialausgaben", so Bäte. "EU-weit liegt der Durchschnitt bei etwa 3,5 Prozent." Der Allianz-Chef sieht hier enormes Sparpotenzial. "Wenn wir die Ausgaben nur auf den EU-Durchschnitt senken würden, hätten wir 40 Milliarden Euro gespart, die dem Gesundheitssystem an anderer Stelle helfen könnten."

Der Allianz-Manager sprach sich zudem dafür aus, Gesundheitsleistungen zu kürzen. Man müsse darüber sprechen, was sich die Bundesbürger in einer alternden Gesellschaft noch leisten können, so der 59-Jährige. Die gesetzlichen Krankenkassen zum Beispiel hätten im vergangenen Jahr 289 Milliarden Euro ausgegeben - und die Beiträge steigen Jahr für Jahr weiter. Gleichzeitig stehe Deutschland bei der Zahl der Arztbesuche pro Einwohner weltweit auf Platz sieben. "Das ist doch irre", sagte Bäte. "Ich fordere gar nicht, dass wir uns zu stark einschränken - sondern nur, dass wir uns am EU-Durchschnitt orientieren."

Quelle: ntv.de, mba/dpa

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