Dreister Kundenklau? Amazon wirbt Ebays Topseller ab - auf Ebay
04.10.2018, 21:42 Uhr
Rund vier Dutzend Amazon-Mitarbeiter sollen Verkäufer von Ebay über deren Plattform angeschrieben haben.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der knallharte Wettbewerb im Online-Shopping macht einige Amazon-Mitarbeiter offenbar ziemlich kreativ: Sie sollen Ebay gezielt seine Top-Händler abgejagt haben - indem sie ihnen verdeckte Nachrichten über Ebay schrieben.
Digitale Wilderei ist offenbar eine neue Strategie im Online-Handel. Jedenfalls haben das wohl einige Mitarbeiter bei Amazon gedacht. Um an neue Verkäufer für die Plattform zu kommen, sollen sie Jagd auf die Top-Seller des größten Konkurrenten Ebay gemacht haben - und dafür ausgerechnet das Ebay-Nachrichtensystem selbst genutzt haben.
"Wir können bestätigen, dass wir ein unrechtmäßiges und beunruhigendes System von Amazon aufgedeckt haben, um Ebay-Verkäufer zum Wechsel auf die Amazon-Plattform zu bewegen", teilte eine Ebay-Sprecherin dem "Wall Street Journal" mit. Rund 50 Amazon-Vertreter sollen demnach weltweit mehr als 1000 Ebay-Nachrichten versandt haben, um Unternehmen und Privatpersonen davon zu überzeugen, ihre Ware künftig auf Amazon zu verkaufen.
Die Amazon-Mitarbeiter versuchten dabei laut Ebay offenbar bewusst ihre Spuren zu verwischen. Sie schrieben den Firmennamen mit Bindestrichen ("A-M-A-Z-O-N") oder ließen absichtlich zwischen den einzelnen Buchstaben große Abstände, damit die von ihnen versandten Nachrichten nicht automatisch gefunden werden konnten. Auch Emailadressen und Telefonnummern - die Amazon-Mitarbeiter zur weiteren Kontaktaufnahme mitschickten - wurden aus diesem Grunde wohl vorsätzlich ausgeschrieben. "Ebay scannt nach Schlagworten und sie mögen das nicht gerade, wenn wir hier rumstöbern", heißt es in einer Nachricht. "Der einfachste Weg, darüber zu sprechen, wäre ehrlich gesagt am Telefon."
Aufgeflogen ist die fragwürdige Abwerbe-Aktion nur durch einen Verkäufer auf Ebay, der selbst eine Nachricht von Amazon erhielt und den Konzern alarmierte. Laut Ebay konnten Amazon-Mitarbeiter einige der Verkäufer zuvor wohl mit der Begründung beruhigen, dass es sich um eine gängige Praxis handle. Etliche Verkäufer seien auf diese Weise zu Amazon gewechselt, behaupteten die Verfasser der Nachrichten laut Ebay.
Ebay untersagt Nachrichtenmissbrauch
Prinzipiell steht der Messenger-Dienst von Ebay allen Verkäufern mit eigenen Account offen. So können sie in Kontakt treten oder eigenständig Nachrichten an Kunden schicken. Die Ebay-Nutzungsbedingungen untersagen aber ausdrücklich, den Nachrichtendienst für Werbezwecke oder den Austausch von Kontakten und Informationen zu nutzen, um Händler von der Plattform wegzulocken.
Viele Verkäufer verkaufen ihre Waren bereits auf gleichzeitig auf Amazon und Ebay, andere haben sich aber auch auf eine der beiden Plattformen festgelegt. Beide stehen seit Jahren in hartem Wettbewerb miteinander und haben ein ähnliches Geschäftsmodell: Sie verdienen bei jedem Verkauf Gebühren und Provisionen. Kein Wunder also, dass es die Amazon-Mitarbeiter offenbar auf Ebays Top-Händler abgesehen hatten, die besonders viel Umsatz machen.
Ebay hat Amazon wegen der angeblichen Abwerbepraxis mittlerweile schriftlich abgemahnt. In der Unterlassungserklärung wirft der Konzern Amazon vor, gegen seine Nutzungsbedingungen verstoßen zu haben. "Wir haben gefordert, dass Amazon seine rechtswidrigen Aktivitäten beendet und die nötigen Schritte unternimmt, um Ebay zu schützen", zitiert das "Wall Street Journal" eine Ebay-Sprecherin. Man prüfe die Vorwürfe, teilte Amazon dem Blatt mit.
Quelle: ntv.de, nen