Wirtschaft

Satte Abfindung Audi verpflichtet Ingenieur zum Schweigen

In einem arbeitsrechtlichen Prozess zwischen P. und Audi wären primär die Abgasmanipulierungen in den Fokus gerückt worden.

In einem arbeitsrechtlichen Prozess zwischen P. und Audi wären primär die Abgasmanipulierungen in den Fokus gerückt worden.

(Foto: imago/Waldmüller)

Finanziell scheint der frühere Abteilungsleiter von Audi fein raus zu sein. Giovanni P. erhält trotz seiner Verstrickung in die Abgasaffäre eine üppige Abfindung. Dafür vermeidet Audi eine Klage - und öffentliche Vorwürfe gegen den bisherigen Vorstandschef Stadler.

Die Volkswagen-Tochter Audi zahlt dem früheren Abteilungsleiter und Ingenieur Giovanni P., der tief in die Abgasaffäre verstrickt ist, nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR eine Abfindung in Höhe von mehr als 1,5 Millionen Euro. P. hatte sich beim Arbeitsgericht München gegen seine fristlose Kündigung wegen der Affäre wehren wollen. Mit dem Millionenbetrag, der nach und nach fällig wird, vermeidet Audi einen öffentlichen Prozess. Dabei wären dann wahrscheinlich auch schwere Vorwürfe gegen den bisherigen Vorstandschef Rupert Stadler zur Sprache gekommen.

Stadler sitzt seit Montag in Untersuchungshaft und ist von Audi beurlaubt worden. Der Abfindungsvertrag zwischen Audi und Giovanni P. stammt von Ende 2017. P. bekommt trotz der von ihm zugegebenen Mitwirkung an Abgasmanipulationen rückwirkend sogar eine Bonus-Zahlung. Hinzu kommen Gehaltsnachzahlungen und ein Überbrückungsgeld bis zur Rente. Auch Rentenansprüche werden abgegolten.

Außerdem enthält der Vertrag eine Schweigeklausel: Der Ingenieur darf sich öffentlich nicht über Audi äußern. Das gilt auch für sein Wissen über die Abgasaffäre. Der Vertrag regelt andererseits auch, dass der Ingenieur den Behörden und Audi bei der Aufklärung der Affäre helfen müsse. Die Millionenzahlung an P. sei kein Schweigegeld, heißt es in Konzernkreisen.

P. kein "maßgeblicher Entscheidungsträger"

Bevor der Abfindungsvertrag zustande kam, hatte der Ingenieur in Untersuchungshaft gesessen und ausgepackt. Er schilderte im Detail, wie es zu den Abgas-Manipulationen gekommen war und belastete etliche Manager bis hin zu Vorstandschef Stadler. Im November 2017 war das Oberlandesgericht München (OLG) zu dem Ergebnis gekommen, gegen P. bestehe der dringende Tatverdacht des Betrugs durch den Verkauf "abgasmanipulierter" Autos in den USA. Er sei aber nicht als "maßgeblicher Entscheidungsträger" anzusehen.

Es könne derzeit auch nicht widerlegt werden, dass P. seine Vorgesetzten über die Probleme bei der Einhaltung der Abgas-Grenzwerte informiert habe, befand das OLG München und ließ den Ingenieur gegen Kaution frei. In einem öffentlichen Arbeitsgerichtsprozess von P. gegen Audi wäre im Kern zur Sprache gekommen, was der Ingenieur bei seinen zahlreichen Vernehmungen ausgesagt und was er der Staatsanwaltschaft München II darüber hinaus an internen Unterlagen über die Abgasaffäre vorgelegt hatte. Dazu gehört auch der Vorwurf, Stadler habe im November 2015 intern angeordnet, Abgasmanipulationen gegenüber US-Behörden zu verschweigen. Stadler weist seit Beginn der Affäre alle Anschuldigungen zurück.

Audi und VW erklärten, man könne sich aus Datenschutzgründen nicht zu Personalien äußern. In Konzernkreisen wird eingeräumt, dass die Millionenzahlung an P. auch dazu diene, öffentliche Diskussionen zu vermeiden. Kämen beim Arbeitsgericht unbewiesene Anschuldigungen von P. gegen Vorgesetzte zur Sprache, dann könnte das VW und Audi bei Klagen von Aktionären und Autokäufern wegen der Abgasaffäre schaden.

Quelle: ntv.de, ghö

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen