Wirtschaft

"Krieg noch nicht eingepreist" Kriegsgefahr in der Ukraine lässt Dax abstürzen

Entscheidend sei jetzt, "ob der Westen die Schritte Russlands zur Anerkennung der abtrünnigen Gebiete als Invasion betrachtet oder nicht", sagt Thomas Altmann, Portfoliomanager vom Vermögensverwalter QC Partners.

Entscheidend sei jetzt, "ob der Westen die Schritte Russlands zur Anerkennung der abtrünnigen Gebiete als Invasion betrachtet oder nicht", sagt Thomas Altmann, Portfoliomanager vom Vermögensverwalter QC Partners.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die Aktienmärkte reagieren am Morgen mit tiefroten Vorzeichen auf die Aggression Russlands und die Invasion der Ukraine. Anleger flüchten in Staatsanleihen und Gold. Die Moskauer Börse verliert fast neun Prozent. Brent-Rohöl macht sich derweil auf den Weg Richtung 100-Dollar-Marke.

Die Entsendung russischer Soldaten in die Ost-Ukraine kostete den Dax am frühen Morgen 2,5 Prozent oder rund 370 Zähler. Das wichtigste Börsenbarometer notierte bei 14.358 Punkten. Bereits am Vortag hatte der Dax angesichts der Eskalation im Ukraine-Konflikt zwischen Russland und dem Westen über zwei Prozent verloren. Damit fiel er auf den niedrigsten Schlusskurs seit rund elf Monaten.

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"Der Krieg ist noch nicht eingepreist", kommentierte ntv-Börsenreporterin Corinna Wohlfeil. "Die politische Situation ist riskant wie lange nicht", sagte auch Thomas Altmann, Portfoliomanager vom Vermögensverwalter QC Partners. Entscheidend werde jetzt sein, "ob der Westen die Schritte Russlands zur Anerkennung der abtrünnigen Gebiete als Invasion betrachtet oder nicht".

Im Fall eines offenen Krieges und der hohen Unsicherheit im Konflikt prognostiziert Holger Schmieding, Chefökonom von der Berenberg Bank auf Sicht von ein bis zwei Monaten eine deutliche Flucht aus dem Risiko an den Finanzmärkten. Erst dann, wenn die Aussichten klarer seien, werde eine Erholung einsetzen. In einer Kurzeinschätzung prognostizierte er zudem einen Rückschlag für das Vertrauen der europäischen Unternehmer und Verbraucher.

Die Erholung des Wirtschaftswachstums vom Omikron-Rückschlag werde durch einen Krieg vorübergehend um bis zu zwei Monate verzögert, eine Rezession (zwei Quartale BIP-Schrumpfung) hält Schmieding dabei jedoch für unwahrscheinlich. Die Energiepreise werden nach seiner Einschätzung lediglich in Maßen steigen. Europa sei momentan nicht mehr so anfällig, da der Winter weitgehend vorüber sei.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Entsendung russischer Truppen in die Separatistengebiete in der Ost-Ukraine im Rahmen einer laut Russland "friedenserhaltenden Mission" angeordnet. Nach dem Zug "sind wir einer militärischen Intervention sehr viel näher, was die Stimmung an den Märkten deutlich verschlechtern wird", ordnet auch Carlos Casanova, leitender Asien-Ökonom bei UBP die Situation ein. Die kurzfristige Volatilität an den Märkten sei sowohl durch geopolitische Faktoren als auch durch die US-Notenbank "unerbittlich". Die Verschärfung des Ukraine-Konflikts hatte zuvor die Märkte in Asien auf Talfahrt geschickt.

Steigt Brent-Öl über 100 Dollar?

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Rohöl (Brent) 65,67

Sichere Häfen wie US-Anleihen, Yen, Dollar oder Gold sind angesichts der Zuspitzung der Ukraine-Krise tendenziell ebenso gesucht wie Öl. Die Furcht vor Ausfällen treibt den Preis für Brent-Öl aus der Nordsee um 3,3 Prozent auf 98,50 Dollar pro Barrel. Der Preis für die US-Sorte WTI zieht zuletzt knapp vier Prozent auf 94,47 Dollar an.

Russischer Rubel fällt auf 15-Monats-Tief

Der russische Rubel sank derweil auf den tiefsten Stand seit mehr als 15 Monaten. Im Gegenzug stieg der Dollar auf bis zu 80,58 Rubel. Im Handelsverlauf dämmte die russische Landeswährung ihre Verluste wieder etwas ein. "Mit der Anerkennung der beiden von der Ukraine abtrünnigen 'Volksrepubliken' durch Russlands Präsident Wladimir Putin und mit seiner Ankündigung, reguläre russische Truppen dorthin zu entsenden, hat der russische Machthaber die niedrigste Eskalationsstufe gewählt, die möglich war", sagte Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann.

Die große Ungewissheit bleibt: Nur Putin könne wissen, ob er hier aufhört - oder ob die offene Verlegung russischer Truppen in das ostukrainische Konfliktgebiet Donbass ein weiterer Schritt in Richtung einer Invasion der freien Ukraine sei, sagte Chefvolkswirt Schmieding. "Wenn er hier aufhört, würden die Sanktionen die russische Wirtschaft mit der Zeit schwächen und nur sehr begrenzte Auswirkungen auf die fortgeschrittene Welt haben."

Quelle: ntv.de, ddi/rts

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