Konjunkturerwartungen aufgehellt Börsianer sehen "Licht am Ende des Tunnels"
21.04.2020, 13:40 Uhr
Die Konjunkturerwartungen der Finanzmarktteilnehmer haben sich gemessen am deutschen ZEW-Index deutlich stärker erholt als erwartet.
(Foto: dpa)
Nach einem massiven Einbruch im Vormonat steigen die Konjunkturerwartungen des Wirtschaftsinstituts ZEW wieder an. Der Anstieg fällt sogar wesentlich stärker an als von Analysten erwartet. Die Bewertung der aktuellen Konjunkturlage trübte sich dagegen massiv ein.
Börsianer blicken inmitten der Corona-Krise überraschend optimistisch auf die Aussichten für die deutsche Konjunktur. Das Barometer ihrer Erwartungen für die nächsten sechs Monate stieg im April um 77,7 auf plus 28,2 Punkte, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zu seiner monatlichen Umfrage unter Analysten und Anlegern mitteilte. Befragte Ökonomen hatten nur einen leichten Anstieg auf minus 42,3 Zähler erwartet.
"Die Finanzmarktexperten sehen Licht am Ende eines sehr langen Tunnels", sagte ZEW-Präsident Achim Wambach. Ab der zweiten Jahreshälfte rechneten sie wieder mit einem Wachstum. "Die Wirtschaftsleistung von vor der Coronakrise soll aber erst im Jahr 2022 wieder erreicht werden", betonte Wambach. Die Lage bewerteten die Börsianer dagegen im April deutlich schlechter: Dieses Barometer brach um 45,4 auf minus 93,9 Zähler ein.
Weg aus dem tiefen Konjunkturtal
"Von so tiefen Niveaus kann es nur noch nach oben gehen", sagte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. Die Finanzmarktanalysten setzten dabei auf die Rettungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank und der EU-Staaten. "Ob die Erwartung einer kurzen, aber extrem schmerzhaften Rezession sich erfüllen wird, hängt letztlich von den Infektionsdaten in den kommenden Wochen ab", sagte Scheuerle.
Wie steil der Weg aus dem tiefen Konjunkturtal noch ist, zeigen Annahmen der Bundesregierung. Zolldaten für die vergangene Woche "deuten auf fortgesetzt schwache Exporttätigkeit hin", heißt es in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Papier von Wirtschafts- und Finanzministerium. Demnach ist etwa der Seeverkehr im Vergleich zum Durchschnitt von Mitte Januar bis Ende Februar um 48 Prozent eingebrochen, der Eisenbahnverkehr sogar um 67 Prozent.
Rückgang der Neuinfektionen konsequent nutzen
"Die schwachen Zolldaten passen ins allgemeine Bild - auch wenn sie durch die Osterferien zusätzlich nach unten gedrückt wurden", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Demnach seien die Exporte im April weiter eingebrochen. "Leider bestätigt all dies die Prognose, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal grottenschlecht ausfallen wird", sagte Krämer.
"Das Minus gegenüber dem ersten Quartal dürfte mindestens 7,5 Prozent betragen." Der Chefökonom rät der Regierung dazu, den Rückgang der Neuinfektionen konsequent zu nutzen, um die Beschränkungen für die Unternehmen und deren Beschäftigte schrittweise zurückzunehmen. "Die Unternehmen brauchen eine Öffnungsvision, damit sie das Hochfahren der Produktion vorbereiten können und die Wertschöpfungsketten wieder ineinandergreifen", betonte Krämer.
Quelle: ntv.de, jki/rts