"Keine Übernahme" Buero.de wird Galeria-Beschäftigte nicht retten
14.11.2023, 20:06 Uhr Artikel anhören
12.500 Galeria-Beschäftigte bangen um ihre Arbeitsplätze. Die Suche nach neuen Geldquellen läuft auf Hochtouren.
(Foto: picture alliance / dpa)
Zwei Mal wird Galeria Kaufhof bereits gerettet, aber nach dem Signa-Desaster ist die Zukunft schon wieder ungewiss. Da meldet sich ein angeblicher Investor, der schon einmal ein Angebot unterbreitet hat. Experten machen den Beschäftigten jedoch wenig Hoffnung. Auch Galeria reagiert - und stellt etwas klar.
Markus Schön, Geschäftsführer des Onlinehändlers buero.de, soll nach ntv-Informationen an einem Teil der Kaufhauskette Galeria Kaufhof interessiert sein. Die "Bild"-Zeitung berichtete als erste darüber. Die Rede ist davon, der Investor wolle den Bereich Bürobedarf und Schulwaren "übernehmen". Galeria reagiert in einem Mitarbeiterschreiben, das ntv.de vorliegt, auf diese Spekulationen: Von einer "Übernahme" könne keine Rede sein, heißt es.
Galeria Kaufhof gehört zur Signa-Gruppe. Der österreichische Gründer und Investor René Benko musste auf Drängen der Gesellschafter jüngst die Macht über die Holding an den Insolvenzverwalter und Sanierer Arndt Geiwitz abgeben. Die 12.500 Beschäftigten von Galeria haben binnen drei Jahren zwei Pleiten durchgemacht. Angeblich herrscht in den Kassen des Warenhauskonzerns aber schon wieder Ebbe.
Schön soll in dieser Situation ein Angebot für alle 90 Filialen unterbreitet haben. Insgesamt 30.000 Quadratmeter Verkaufsfläche innerhalb der Häuser für Büroartikel und Schulwaren will buero.de demnach bewirtschaften - Einkauf und Lagerhaltung inklusive. Der Deal soll 1100 Beschäftigten Jobsicherheit geben und dem Warenhauskonzern gleichzeitig Einsparungen von 25 Millionen Euro bei den Personalkosten sowie einen zweistelligen Millionenbetrag beim Wareneinkauf bringen. Angeblich will buero.de auch noch weitere Fixkosten übernehmen. Auch ein "Kaufpreis" wird genannt.
Schreiben an Galeria-Mitarbeiter: "Keine Übernahme"
Die Geschäftsführung von Galeria reagierte auf diese Spekulationen. In einem Mitarbeiterschreiben heißt es, es handle sich ausdrücklich nicht um eine "Übernahme" durch die Schön Gruppe, sondern um übliche Gespräche, wie sie "mit zahlreichen potentiellen Partnern bzw. Lieferanten aus dem Bereich Concession, Untervermieung etc." regelmäßig geführt würden. Darüber hinaus heißt es, die Angaben, es gehe um einen "dreistelligen Millionenbetrag" und "1100" betroffene Arbeitsplätze seien "nicht nachvollziehbar".
Schön ist kein Unbekannter. Bereits vor einem Jahr hatte der Onlinehändler im Rahmen der zweiten Insolvenz des Warenhauskonzerns ein Angebot unterbreitet, dieses dann aber in letzter Minute überraschend zurückgezogen. Damals ging es noch um die Übernahme von 47 gesamten Galeria-Filialen.
Experten halten das Schön-Angebot für überbewertet, ein Potential für einen Befreiungsschlag birgt es in ihren Augen nicht. Jörg Funder, Leiter des Instituts für Internationales Handels- und Distributionsmanagement der Hochschule Worms, hält es eher für undurchsichtig. "Ernsthafte Absichten" scheine er bereits im vergangenen Jahr nicht gehabt zu haben. Sonst wäre er nicht in allerletzter Minute abgesprungen, sagt Funder. Auch das jetzige Gebot überzeugt den Experten nicht: Eine konkrete Motivation ist für ihn nicht erkennbar. "Mit buero.de kann er nicht in die Innenstädte gehen." Schön wolle mit seinem erneuten Vorstoß wohl eher "Aufmerksamkeit erregen".
Auch der Finanzexperte Hans-Peter Burghof mahnt im Gespräch mit ntv.de zu Skepsis. Selbst eine "Übernahme" einer vergleichsweise kleinen Fläche - sollte es überhaupt zu so einem Deal kommen - sei "eher ein Baustein als eine lange Story" für Galeria Kaufhof. Auch Burghof hält das Geschäftsmodell von buero.de für schwer nachvollziehbar. Die Finanzmittel des Unternehmens seien zudem nicht einsehbar, kritisiert der Professor für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim. "Die Gefahr besteht, dass hier eine Wette oder eine Intransparenz durch die andere ersetzt wird."
Mit oder ohne Schön als Untermieter bleibt die Zukunft der Galeria-Beschäftigten ungewiss. Vor der jüngsten Insolvenz hatte Galeria Karstadt noch 17.000 Beschäftigte, übrig geblieben sind 12.500. Galeria-Chef Olivier Van den Bossche will zwar künftig mehr auf flexiblen Personaleinsatz und saisonale Arbeitskräfte setzen. Ziel sei es, die Beschäftigung je nach Bedarf hoch- und runterzufahren, erklärte er jüngst der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". Bis Dezember - unter anderem fürs Weihnachtsgeschäft - sollen zunächst einmal 3500 Beschäftigte eingestellt werden. Doch die Arbeitnehmervertreter hegen Zweifel. Verdi fordert von Signa-Sanierer Geiwitz ein Bekenntnis zur deutschen Warenhaustochter Galeria Karstadt Kaufhof. Immerhin war er federführender Insolvenzverwalter bei den beiden Insolvenzverfahren des Warenhauskonzerns - und das hat Tausende Jobs gekostet.
Dieser Artikel wurde am 16.11.2023 aktualisiert.
Quelle: ntv.de