Treuhand-Verwaltung in Schwedt Bund will russische Raffinerie-Anteile schnell loswerden
16.02.2023, 21:10 Uhr
Eine dauerhafte Versorgung von Schwedt ist aktuell nur über den polnischen Hafen Danzig möglich.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der russische Staatskonzern Rosneft hält mit 54 Prozent die Mehrheit an der Raffinerie Schwedt. Nach dem Öl-Embargo gegen Moskau stellt die Bundesregierung diese Anteile unter Treuhand-Verwaltung. Ein neuer Gesetzesentwurf soll dafür sorgen, dass sie rasch veräußert werden.
Die Bundesregierung ebnet den Weg für einen schnellen Verkauf der Anteile des russischen Rosneft-Konzerns an der Raffinerie Schwedt. Anteile von Unternehmen, die unter Treuhand-Verwaltung stehen, sollten künftig direkt übertragen werden können, geht aus einem Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums hervor. Dies soll möglich sein, wenn es zur "Sicherung des Funktionierens des Gemeinwesens im Sektor Energie und zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit erforderlich ist", heißt es im Entwurf.
Der Entwurf geht jetzt in die Abstimmung in der Regierung und soll zügig beschlossen werden. Der Zwischenschritt einer formalen Enteignung des Unternehmens entfällt damit. Er ist im Energie-Sicherungsgesetz (Ensig) an hohe rechtliche Hürden geknüpft und würde im Falle Schwedt eine Übertragung der Rosneft-Anteile, die unter deutscher Treuhand stehen, erschweren. Damit erhalte der Bund mehr Spielraum bei Treuhandfällen, sagten Regierungsvertreter Reuters.
Aktuell sei dieser eingeschränkt, wenn es um die Übertragung von Unternehmensgegenständen gehe. Verkäufe seien nach derzeitiger Rechtslage nur möglich, wenn es dem Werterhalt des Unternehmens diene. Der Staatskonzern Rosneft hält mit 54 Prozent die Mehrheit an der Raffinerie. Das Unternehmen hatte in der Vergangenheit Schwedt auch mit Rohöl aus Russland versorgt. Mit dem Embargo gegen russisches Öl seit Anfang des Jahres ist dieses Geschäftsmodell entfallen. Die Rosneft-Anteile sind unter der Treuhand, gehören rechtlich aber weiter dem russischen Unternehmen.
Polen will eigenen Versorger beteiligen
Eine dauerhafte Versorgung von Schwedt ist aktuell nur über den polnischen Hafen Danzig möglich. Polen verlangt dafür aber einen Ausschluss von Rosneft aus Schwedt und dringt zugleich auf eine Beteiligung des polnischen Versorgers Orlen an der Raffinerie. Jenseits von Rosneft liegen weitere 37 Prozent der Anteile bei Shell und gut acht Prozent bei der italienischen ENI. Interesse an einem Einstieg in Schwedt haben auch deutsche Unternehmen wie Enertrag und Verbio. Die PCK-Raffinerie Schwedt spielt mit ihren gut 3000 direkt und indirekt Beschäftigten für die Versorgung von Ostdeutschland mit Benzin und anderen Raffinerieprodukten eine zentrale Rolle.
Aber auch Teile Westpolens werden ebenso wie der Flughafen Berlin-Brandenburg mitversorgt. Derzeit kann Schwedt aber nicht mit voller Kapazität laufen: Über den Hafen Rostock und eine Pipeline erhält die Raffinerie Öl für etwa 60 Prozent. Schwedt müsste aber mindestens mit 70 Prozent Kapazität arbeiten - besser mehr, wie die deutsche Seite einräumt.
Eine höhere Auslastung ließe sich erreichen, wenn Tanker in Danzig entladen würden und das Druschba-Leitungsnetz in polnischer Hand nutzten. Die Landesregierung in Brandenburg ist besorgt, dass die geringe Auslastung von Schwedt zu höheren Spritpreisen in Ostdeutschland führen könnte. Für Montag hat sie daher zu einer Sondersitzung der Task-Force Schwedt mit dem Bundeswirtschaftsministerium geladen. Die Task-Force wurde gebildet, um die Lage in Schwedt, aber auch der Raffinerie Leuna nach dem Öl-Embargo gegen Russland zu sichern.
Quelle: ntv.de, lve/rts