Halbe Milliarde für "X-Klasse" Daimler investiert in neues Pickup-Modell
25.10.2016, 20:42 Uhr
Ein typischer Pickup-Markt ist Deutschland nicht. Dennoch kommt die "X-Klasse" hierzulande als erstes auf die Straße.
(Foto: Daimler AG)
Daimler nimmt viel Geld in die Hand, um in den Pickup-Markt einzusteigen. Die X-Klasse soll in rund einem Jahr über deutsche Straßen rollen. Automobilexperten sind skeptisch.
Der Autobauer Daimler lässt sich den Einstieg ins Pickup-Segment mehr als eine halbe Milliarde Euro kosten. Für die Markteinführung der neuen, zusammen mit dem Partner Renault-Nissan entwickelten "X-Klasse" werde ein hoher dreistelliger Millionenbetrag investiert, kündigte der Chef von Daimlers Van-Sparte, Volker Mornhinweg, an. Am Abend stellte Daimler in Stockholm das Konzept des Fahrzeugs vor. "Mit dem Pickup von Mercedes-Benz schließen wir eine der letzten Lücken in unserem Portfolio", erklärte er.
Der Wagen soll Ende 2017 zunächst in Europa auf den Markt kommen. Erst später sollen Australien, Südafrika und 2018 Südamerika folgen. "Bis 2018 wird dort wieder Wachstum da sein", sagte Mornhinweg mit Blick auf die schwachen Märkte in Brasilien und Argentinien. Ausgerechnet Europa, wo Daimler das neue Modell starten will, sei allerdings kein Pick-up-Markt, sagte Carlos da Silva vom Marktforscher IHS Automotive: "Hier werden die Bedürfnisse, die ein Pick-up bedient, von anderen Fahrzeugen adressiert." Dazu gehörten zum Beispiel Kastenwagen oder Transporter.
Die Marktanteile am gesamten Fahrzeugmarkt bewegen sich hier um ein Prozent - in Australien und Argentinien liegen sie bei um die 12 Prozent. Analyst da Silva sieht in dem Start daher eher einen Test, ob ein großer Hersteller wie Daimler dort überhaupt Fuß fassen kann. "Wir haben in Europa nicht die richtige Einstellung zum Pickup", meinte Autoexperte Peter Fuß von der Unternehmensberatung Ernst & Young. "Das wird eine Nische bleiben."
Kein Wagen für die USA
Den Pickup-Markt schlechthin - die USA - spart Daimler hingegen aus. "Da einzusteigen macht keinen Sinn", begründete Mornhinweg die Entscheidung. Dort würden nur große Pickups verkauft - und der Markt sei unter den drei US-Herstellern Ford, GM sowie Dodge aufgeteilt. Daimler plant hingegen einen Pickup der Mittelklasse. Produziert wird das Fahrzeug in Europa im Nissan-Werk im spanischen Barcelona, wo schon Nissans Pickup Navara vom Band rollt und 3300 Mitarbeiter beschäftigt sind. In Renaults Werk im argentinischen Córdoba, wo derzeit von knapp 1900 Beschäftigten der Clio, Kangoo und die Limousine Fluence gefertigt werden, soll der Pick-up von 2018 an entstehen. Dort investiert Renault-Nissan für die neue Linie 600 Millionen US-Dollar (550 Mio Euro).
Wie viele Fahrzeuge der Stuttgarter Konzern allein fertigen lassen will, ließ Mornhinweg offen. Der Pickup basiert auf der Plattform für Nissans NP 300 und dem mittelgroßen Renault Pickup. In Barcelona wollen die drei Hersteller zusammen etwa 120.000 Fahrzeuge bauen, in Córdoba fast 70.000. "In dem Umfeld sind Kooperationen gang und gäbe, um die Fabriken auszulasten", sagte Mornhinweg. Daimler siedelt den Pritschenwagen im mittleren Pickup-Segment an, für das der Hersteller das größte Wachstum prognostiziert. Es konkurriert etwa mit Volkswagens Amarok und Toyotas Hilux.
Quelle: ntv.de, bdk/dpa/DJ/rts