Wirtschaft

Kaufen, wenn Kanonen donnern? Das sollten Anleger jetzt tun

Hohe Inflation, geldpolitische Wende und Kriegsgefahr dominieren derzeit die Börse.

Hohe Inflation, geldpolitische Wende und Kriegsgefahr dominieren derzeit die Börse.

(Foto: imago images/UPI Photo)

Es geht deutlich abwärts an den Aktienmärkten, Crash-Propheten spüren wieder Oberwasser und fühlen sich durch die Kriegsgefahr in der Ukraine bestätigt. Anleger sollten Ruhe bewahren, denn Rücksetzer sind oft als Chance zu sehen.

Aller guten Dinge sind drei, heißt es. Übertragen auf den Aktienmarkt sorgt derzeit aber das Gegenteil für Unruhe. Der Dreiklang aus hoher Inflation, geldpolitischer Wende und Kriegsgefahr in der Ukraine schickt die Kurse in den Keller. Bereits der Januar verlief denkbar schwach, die Nasdaq schrammte nur knapp am schlechtesten Jahresstart ihrer Geschichte vorbei. Und im Februar sieht es kaum besser aus.

Viele Neulinge auf dem Parkett reiben sich derzeit verwundert die Augen, denn viele von ihnen sind nach dem Corona-Crash eingestiegen und kennen nur steigende Kurse. Doch nun springen Angstbarometer wie der VDAX-New auf Mehrmonatshochs, während die Aktienmärkte in die Tiefe rauschen. Die gestiegene Kriegsangst in der Ukraine ist dabei der jüngste Auslöser für den Kurssturz. "Ein Sprung des VDAX-New um 40 Prozent zum Wochenstart illustriert das sprichwörtliche Donnern der Kanonen am Markt", sagt Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege beim Broker RoboMarkets.

Eine bekannte Börsenregel lautet ja, man solle kaufen, wenn die Kanonen donnern. Doch da gibt es ja noch die andere, die davor warnt, in ein fallendes Messer zu greifen. Was denn nun?

"Die deutsche Wirtschaft hat aufgrund der Energieversorgung einen speziellen Anker Richtung Russland", sagt Gil Shapira von eToro. Allerdings nutzen amerikanische Investoren solche Tage auch, um über den Future-Markt schon am frühen Morgen Verkäufe zu steuern. "DAX und EuroStoxx 50 bieten sich da wie schon zur Corona-Krise als negative Katalysatoren an", so der Analyst. Das bedeutet, institutionelle Anleger nutzen in der Krise die leicht handelbaren Futures auf die großen europäischen Indizes, um sich durch Futures-Verkäufe schnell gegen fallende Kurse abzusichern.

Kühlen Kopf bewahren!

Die Verkäufe liefen durch die Bank. Am meisten gehandelt, aber auch am stärksten in Mitleidenschaft gezogen waren beim Smartbroker aus Berlin ebenso wie am Börsenplatz gettex in München die Aktien von Mercedes-Benz, Allianz, Varta, Volkswagen und Münchener Rück. Für erfahrene Anleger sind dies hingegen hoffnungsvolle Signale, denn Stimmungsbilder sind immer als Kontraindikatoren zu sehen. Das heißt: Egal, ob riesige Euphorie herrscht oder Panik - es ist hilfreich, sich davon nicht anstecken zu lassen.

Die Statistik liefert hier wertvolle Orientierung und nordet die aktuelle Entwicklung ein. Seit 1988 verlor der Dax im Durchschnitt, ausgehend vom Jahreshoch, bei Rücksetzern rund 17 Prozent. Die aktuellen Verluste fallen bisher noch überschaubar aus, von seinem Hoch aus hat der DAX rund 8 Prozent nachgegeben. Selbst ein Rückgang bis in den Bereich um 13.500 Punkte wäre nicht ungewöhnlich und würde zum langjährigen Bild passen. So gesehen ist durchaus noch Luft nach unten.

Abseits dieser Zahlenspiele bleibt ein kühler Kopf wichtig. Selbst bei einem Angriff Russlands dürfte die Börse sich mittel- bis langfristig wieder beruhigen. Das hat schon die Annexion der Krim vor wenigen Jahren gezeigt. Auch andere Belastungsfaktoren wie die hohe Inflation könnten bald schwächer werden, wenn die Unsicherheitsprämie beim Ölpreis schnell ausgepreist wird. Die Teuerung dürfte bei sinkenden Ölpreisen langsam ihren Höhepunkt erreicht haben. Damit würde der Druck auf die Notenbanker abnehmen, die Zinsen rasch und kräftig zu erhöhen.

Ohnehin scheint die Zinsangst derzeit übertrieben. Selbst ein großer Schritt von 50 Basispunkten auf der nächsten Sitzung der US-Notenbank Mitte März ist bereits eingepreist, für Ende 2022 werden 1,75 bis zwei Prozent erwartet. Analysten überbieten sich trotzdem derzeit mit höheren Prognosen, ganz nach dem Motto: Wer bietet mehr?

Über Sparpläne billiger einkaufen

Historisch sind Jahre der geldpolitischen Wende schwierig, daran besteht kein Zweifel. Von Börsen, die wie am Lineal gezogen nach oben laufen, müssen sich Anleger verabschieden, die Party ist vorbei. Doch viele Risiken sind jetzt auch schon gut in den Kursen eingepreist, das Überraschungspotenzial lauert allmählich auf der Oberseite. Mut, und dies zeigt die Vergangenheit ebenfalls, wird an der Börse belohnt, Rückschläge bieten daher Chancen.

Anleger, die über einen Sparplan regelmäßig in die Aktienmärkte investieren, brauchen daher nicht nervös zu werden. Im Gegenteil: Sie können sich freuen, weil sie durch die aktuelle Korrektur günstiger einkaufen. Wem Direktinvestments zu riskant sind und wer lieber vorsichtiger agieren will, kann die aktuell große Nervosität mit Zertifikaten nutzen. Gerade Discount-Zertifikate sind aufgrund der hohen Volatilität sehr interessant - steigen Anleger doch mit einem Rabatt ein, der bei der aktuellen Schwankungsintensität besonders groß ist.

Daniel Saurenz betreibt das Börsenportal Feingold Research.

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Dieser Beitrag stellt keinerlei Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von einzelnen Aktien, ETFs oder anderer Finanzprodukter dar. Für die Richtigkeit der Daten wird keine Haftung übernommen.

Quelle: ntv.de

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