Wirtschaft

Explodierende Energiepreise Dax beendet Achterbahnfahrt deutlich im Minus

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Die Unsicherheit an den Börsen ist groß. Um zeitweise fünf Prozent fällt der Dax im Tagesverlauf, fängt sich wieder, schließt aber dennoch deutlich im Minus. Die Preise für Erdgas und Öl erreichen derweil Rekordstände, geben aber wieder leicht nach.

Nach einer rasanten Berg- und Talfahrt ist der deutsche Aktienmarkt mit klaren Verlusten aus dem Handel gegangen. Im Vergleich zu den massiven Abgaben vom vergangenen Freitag wirkte der Rückgang aber durchaus gebremst. Der immer weiter eskalierende Krieg in der Ukraine und die Furcht vor einer Rezession bei gleichzeitiger Inflation sorgten dennoch für genügend Abwärtsdruck.

DAX
DAX 23.736,63

Der Dax fiel am Vormittag zeitweise um bis zu fünf Prozent auf den tiefsten Stand seit November 2020. Am Nachmittag verlangsamte der Leitindex seine Talfahrt merklich und drehte sogar kurzzeitig ins Plus. Dann bröckelte er aber im Zuge einer schwächeren Eröffnung der New Yorker Wall Street wieder ab und verlor letztlich 1,98 Prozent auf 12.834,65 Punkte. Der MDax der mittelgroßen deutschen Unternehmen büßte 1,79 Prozent auf 28.342,73 Zähler ein. Auf europäischer Bühne setzten sich die Verkäufe ebenfalls gebremst fort: Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 1,23 Prozent auf 3512,22 Zähler.

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Die Diskussion um ein Verbot russischer Gas- und Öl-Lieferungen trieb den europäischen Erdgaspreis derweil zeitweise auf ein Rekordhoch. Auch andere Rohstoffe erklommen teils Bestmarken, was die Inflationssorgen der Anleger schürte. Allerdings verlor die Preisrally am Nachmittag an Dynamik, was die Verluste an den Aktienmärkten etwas eingrenzte.

Brent Rohöl
Brent Rohöl 67,07

Trotz Forderungen aus der Ukraine und Überlegungen in den USA stemmt sich die Bundesregierung gegen einen Importstopp aus Russland. Über die Hälfte des Gas-Bedarfs hierzulande stammt aus Russland und mehr als ein Drittel des Öls. "Bei einem Verbot von Energie-Importen werden wir kurzfristig in eine Situation kommen, in der die Regierungen bestimmte Rohstoffe rationieren müssen", warnte Elwin de Groot, Chef-Anlagestratege der Rabobank. "Es wächst die Furcht, dass der Konflikt die Weltwirtschaft, die sich bereits jetzt mit der Überwindung der Pandemie-Folgen schwer tut, belastet", sagte Kunal Sawhney, Chef des Research-Hauses Kalkine. Die Hoffnungen auf eine kräftige Konjunkturerholung schwänden. Von den Notenbanken sei keine Hilfe zu erwarten, warnte Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. "Im besten Fall halten sie die Füße still, statt wie angekündigt die Zinsen zu erhöhen."

Wegen der Embargo-Diskussion sprang der Erdgas-Future bis auf ein Rekordhoch von 335 Euro je Megawattstunde, grenzte sein Plus anschließend aber auf noch fünf Prozent auf 215 Euro ein. Der Preis für die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee sprang zeitweise um knapp 20 Prozent nach oben und erreichte mit 139,13 Dollar je Barrel (159 Liter) ein 13-1/2-Jahres-Hoch. Auch hier nahmen Anleger daraufhin Gewinne mit, am Nachmittag lag der Preis noch bei 123 Dollar. Strategen rechnen mit weiteren Preissprüngen. "Bei einer Sanktion sämtlicher russischer Energie-Exporte würde mich ein Brent-Preis von mehr als 200 Dollar nicht überraschen", sagte Volkswirt Howie Lee von der Bank OCBC.

Rüstung hui, Autos pfui

Rheinmetall
Rheinmetall 1.810,00

Gefragt blieben Rüstungswerte. Die Rheinmetall-Papiere waren mit einem Kursplus von 4,4 Prozent Spitzenreiter im MDax. Der Konzern profitiert weiter davon, dass er einen Großteil seines Umsatzes und Gewinns mit der Rüstungssparte erwirtschaftet. Die Titel des Rüstungselektronik-Herstellers Hensoldt gehörten mit 11 Prozent Plus ebenfalls zu den Gewinnern. Seit Beginn der Invasion Russlands in die Ukraine vor anderthalb Wochen summieren sich die Kursgewinne für die beiden Aktien auf rund 60 beziehungsweise rund 75 Prozent. Die Aktien von BAE Systems zogen in London um 7,1 Prozent an. An der Pariser Börse legten Thales 6,6 Prozent zu.

Auch einige Energietitel hielten sich im schwachen Markt vergleichsweise gut: Siemens Energy reichte ein Plus von 3,5 Prozent für den Spitzenplatz im Dax. Im Kleinwerte-Index SDax war der Solarkonzern SMA Solar mit einem Kursaufschlag von fast 18 Prozent ganz oben zu finden, gefolgt vom Solar- und Windpark-Betreiber Encavis und dem Windturbinenhersteller Nordex, die jeweils mehr als 8 Prozent gewannen. Den zuletzt robusten Aktien von K+S bescherte die Aussicht auf eine deutliche Verknappung des Düngerangebots an den Weltmärkten ein Plus von vier Prozent.

Deutlich unter Druck standen Autotitel. Im Dax verloren die Hersteller BMW und Volkswagen (VW) sowie die VW-Holding-Gesellschaft Porsche SE zwischen 3,5 und 5,4 Prozent. Die Aktien des im MDax gelisteten Zulieferers Hella brachen um mehr als zehn Prozent ein. Spekulationen auf Geschäftseinbußen wegen der drohenden Rezession schickten die heimischen Finanzwerte auf Talfahrt. Der Index für die Banken der Eurozone verlor rund vier Prozent. Besonders hart traf es Institute mit einem großen Russland-Engagement. Die Titel der Raiffeisen Bank, der Société Générale (SocGen) und der HypoVereinsbank-Mutter Unicredit verbuchten ein Minus von bis zu 5,6 Prozent.

Ungarn verbietet Weizen-Export

Bei den Preisen für Gold, Silber und Palladium ging es nach einem steilen Anstieg wieder bergab. Alle drei Metalle notierten nur noch knapp im Plus. Das bei der Stahl-Herstellung eingesetzte Nickel legte einen Rekord-Kurssprung von 64 Prozent hin und notierte mit 40.915 Dollar je Tonne so hoch wie zuletzt vor fast 15 Jahren. "Das Angebot war ohnehin schon knapp", sagte Kalkine-Experte Sawhney. "Wenn ein großer Lieferant ausfällt, löst das einen Kaskadeneffekt aus."

Der Weizenpreis gab nach dem Sprung auf ein Allzeithoch von 424 Euro je Tonne einen Teil der Gewinne ab. Der europäische Future stand noch sechs Prozent höher bei 396 Euro je Tonne. "So lange die Kämpfe in der Ukraine nicht enden, ist eine Wiederaufnahme der Exporte aus Russland und der Ukraine nicht zu erwarten", sagt ein Börsianer. Da die Abnehmer nun verzweifelt auf der Suche nach anderen Quellen seien, drohten Ausfuhr-Beschränkungen anderer Produzenten. Ungarn hat Weizen-Exporte bereits mit sofortiger Wirkung verboten.

Der Euro kostete zuletzt 1,0870 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Nachmittag auf 1,0895 Dollar festgesetzt. Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,15 Prozent am Freitag auf minus 0,22 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,49 Prozent auf 143,86 Punkte. Der Bund-Future verlor 0,53 Prozent auf 169,85 Zähler.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/rts

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