Viele Projekte liegen auf Eis "Der Wohnungsbau befindet sich im freien Fall"
25.04.2023, 11:21 Uhr
Im Wohnungsbau droht künftig ein Arbeitsplätzeverlust.
(Foto: picture alliance / SvenSimon)
Die Baubranche verzeichnet mehr Aufträge, zu verdanken ist das aber nur dem Tiefbau. Was den Wohnungsbau angeht, sehen Zahlen und Prognosen finster aus. An Genehmigungen scheitert es allerdings nicht.
Trotz gestiegener Material- und Zinskosten hat die deutsche Baubranche im Februar mehr Aufträge an Land gezogen. Das Neugeschäft im Bauhauptgewerbe wuchs inflationsbereinigt um 4,2 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Im Januar hatte es noch einen Einbruch von 5,8 Prozent gegeben.
Zu verdanken hat die Branche den Zuwachs aber allein dem Tiefbau, wozu beispielsweise der Straßenbau zählt: Hier legte der Auftragseingang im Februar um 14,6 Prozent zu. Der Hochbau - der vor allem durch den Wohnungsbau geprägt ist - erhielt dagegen 6,0 Prozent weniger Bestellungen. Insgesamt fiel der Jahresauftakt damit schwach aus: Im Januar/Februar brachen die Bestellungen um 18,2 Prozent ein im Vergleich zu den ersten beiden Monaten des Jahres 2022.
"Der Wohnungsbau befindet sich im freien Fall", kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrie-Verbandes, Tim-Oliver Müller, die Entwicklung. "Die explodierenden Baukosten treiben die Projekte in die Unwirtschaftlichkeit." Viele Projekte, die zwar genehmigt, aber mit deren Bau noch nicht begonnen wurde, würden mangels Rentabilität auf Eis gelegt.
Wenn der Traum vom Eigenheim platzt
Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) blickt besorgt auf die Entwicklung. "Die Katastrophe mit Ansage geht immer weiter", sagte BFW-Präsident Dirk Salewski. Die Politik müsse aktiv werden, sonst drohten viele Arbeitsplätze im Wohnungsbau verloren zu gehen. Auch der Zentralverband des Baugewerbes warnte vor negativen Folgen am Ausbildungsmarkt. Nach sechs Jahren mit steigenden Ausbildungszahlen sehe man erstmals ein Ausbildungsminus. Im Bauhandwerk hätten 11,3 Prozent weniger Auszubildende angefangen als ein Jahr zuvor. "Wenn wir diesen Negativtrend stoppen wollen - und das müssen wir - brauchen wir jetzt sofort Investitionsimpulse. Sonst verlieren wir die Fachkräfte, die wir für den steigenden Wohnungsbedarf so dringend brauchen!", sagte Verbands-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa.
Die Flaute im Neugeschäft schlägt mittlerweile auf den Umsatz durch. Dieser erhöhte sich im Februar zwar aufgrund der stark gestiegenen Baupreise um 7,1 Prozent auf 6,6 Milliarden Euro. Inflationsbereinigt fiel der Umsatz allerdings real um 6,8 Prozent niedriger aus als ein Jahr zuvor. Ein Bündnis aus Mieterbund und Baugewerkschaft sowie Sozial- und Branchenverbänden fordert von der Politik mehr Einsatz, um einen Absturz beim Wohnungsbau zu verhindern.
Denn massiv gestiegene Zinsen und anhaltend hohe Baupreise sorgten dafür, dass viele private Häuslebauer den Traum vom Eigenheim derzeit nicht umsetzen könnten und auch die Immobilienbranche sich bei Neubauprojekten zurückhalte. Zudem verfehle die Ampel-Koalition ihr Ziel von 100.000 neuen Sozialwohnungen jährlich, betonte das Bündnis Wohnungsbau. Die Allianz der Verbände forderte weniger Auflagen, um Bauen wieder günstiger zu machen.
Quelle: ntv.de, mba/rts