Aus für Scotch & Soda Die nächste Modekette macht in Deutschland dicht
29.08.2024, 14:49 Uhr Artikel anhören
Die Modebranche erlebt schwierige Zeiten.
(Foto: IMAGO/Hanno Bode)
Wenige Wochen nach dem Aus des Modehändlers Esprit macht die nächste Kette dicht. Der Rechteinhaber hat laut Insolvenzverwalter kein Interesse an einem Verkauf an einen Investor gehabt. Knapp 300 Menschen verlieren wohl ihren Job. Allerdings gibt es einen kleinen Hoffnungsfunken.
Die Modemarke Scotch & Soda stellt den Geschäftsbetrieb in ihren knapp 40 Filialen in Deutschland Ende August ein. Rund 290 Menschen verlieren ihren Job, wie der vorläufige Insolvenzverwalter, Holger Rhode, mitteilte. In den meisten Geschäften sei am kommenden Samstag der letzte Verkaufstag. Etwa fünf Filialen könnten womöglich noch länger geöffnet bleiben, um die restliche Ware zu verkaufen.
Die Beschäftigten seien am Dienstag informiert worden, sagte Insolvenzexperte Rhode. Den meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern soll noch im September gekündigt werden. Der Rechteinhaber von Marke und Waren, ein Private-Equity-Fonds mit Sitz in den USA, habe kein Interesse gehabt, beides an einen neuen Investor zu übertragen oder eine entsprechende Lizenz zu vereinbaren, hieß es.
Nach Angaben von Rhode laufen Gespräche mit einem Mode-Filialisten. Dabei geht es um eine mögliche Übernahme von Standorten und Personal. Ein Investor müsste sich dann noch mit den Vermietern der Immobilien einigen, sagte Rhode. Die Hälfte der Filialen der Kette befinden sich in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.
Der deutsche Ableger der niederländischen Modemarke, die Scotch & Soda Retail GmbH, hatte im Juni beim Amtsgericht in Düsseldorf einen Insolvenzantrag gestellt. In Deutschland erwirtschaftete das Unternehmen nach eigenen Angaben zuletzt einen Jahresumsatz von 25 Millionen Euro. Das ebenfalls insolvente Mutterunternehmen in den Niederlanden hatte den Geschäftsbetrieb kürzlich bereits eingestellt.
Anfang des Monats hatte Esprit angekündigt, alle Filialen in Deutschland zu schließen und den Betrieb bis Ende des Jahres abzuwickeln. Rund 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren ihren Job. Die Geschäfte außerhalb von Europa sind davon zwar nicht betroffen. Die Hauptgesellschaft des Konzerns, die Esprit Holding, sitzt in Hongkong. Deutschland war jedoch der wichtigste Markt.
Internet statt Filiale
Die Modebranche erlebt schwierige Zeiten, zuletzt gab es eine Pleitewelle. So meldeten unter anderem der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof, der Düsseldorfer Modehändler Peek & Cloppenburg und der Modehersteller Gerry Weber Insolvenz an. Die Händler leiden seit Längerem etwa unter der Kaufzurückhaltung der Verbraucher. Beim Kauf von Bekleidung sparen Verbraucher laut einer kürzlich veröffentlichten Idealo-Umfrage stärker als bei anderen Konsumgütern.
Die Umsätze des Einzelhandels mit Textilien, Bekleidung und Schuhen lag zuletzt zwar wieder geringfügig über denen von 2019. Viele Händler verdienen jedoch deutlich weniger, wegen der deutlich gestiegenen Kosten für Energie, Personal und Mieten.
Erschwerend kommt hinzu, dass immer mehr Konsumenten im Internet kaufen und nicht im Geschäft. Asiatische Anbieter wie Shein und Temu erhöhen mit ihren günstigen Angeboten den Druck und verdrängen einen Teil des Preiseinstiegssegments. Der Online-Boom ist zwar abgeflaut, aber der Anteil hat sich auf hohem Niveau etabliert, vor allem bei Mode und Kleidung. 20 Milliarden Euro und damit knapp ein Viertel des gesamten Online-Umsatzes in Deutschland entfallen auf diese Branche, wie Zahlen im kürzlich vom Handelsverband veröffentlichten Online-Monitor zeigen. Der Online-Anteil am Gesamtmarkt für Mode und Kleidung liegt demnach bei mehr als 40 Prozent - so viel wie in keinem anderen Bereich. Die stationären Umsätze hingegen sind seit 2019 um rund 17 Prozent gesunken.
Im stationären Handel werde weniger Umsatz auf derselben Fläche erwirtschaftet, sagt Experte Marco Atzberger vom EHI Retail Institute. Große Anbieter wie Zara und H&M hätten deshalb vor Jahren begonnen, die Zahl ihrer Geschäfte zu reduzieren. "Andere Anbieter haben erst später reagiert oder können aufgrund laufender Mietverträge nicht schnell reagieren." Dadurch komme es bei bekannten Marken zu Schieflagen und Insolvenzen, zum Beispiel bei Esprit.
Quelle: ntv.de, jga/dpa